Investor kündigt Karstadt

BPI setzt bei Entwicklung des Areals in Esslingens Innenstadt nicht mehr auf das Kaufhaus – Galeria hält an Standort fest

Die Vorzeichen der vergangenen Monate ließen nichts Gutes erahnen. Erst hatte Karstadt, das mittlerweile unter dem Namen Galeria firmiert, seine Junge Mode im Erdgeschoss ausgeräumt und den Bereich zugemauert, dann wurde der Parkplatz geschlossen – angeblich wegen Sicherheitsmängeln. Der ist auf Druck der Stadt wieder offen. Anfang Mai hat der Investor BPI Esslingen nun mitgeteilt, man plane nach wie vor „ein Stadtquartier, das in jeglicher Hinsicht zukunftsfähig ist“. In den Plänen ist allerdings kein Platz mehr für Karstadt, man habe dem Galeria-Konzern gekündigt. Von Karstadt-Seite heißt es indes, dass der Esslinger Standort gehalten werden soll. Die Entwicklung und das Gezänk sorgen in Esslingen für Ernüchterung.
Der Gemeinderat hatte nach hartem Ringen im März 2021 den dritten Anlauf innerhalb von rund zehn Jahren für die Bebauung des Karstadt-Areals über die Bühne gebracht: In den geplanten Wohnblöcken auf dem Parkplatz und in den Obergeschossen des bestehenden Warenhauses sollen 160 Wohnungen entstehen. Zu den 10 470 Quadratmetern Verkaufs- und Büroflächen im Bestandsgebäude sollen in den Neubauten – vor allem entlang der Martinstraße – weitere 1800 Quadratmeter Gewerbeflächen hinzukommen. Doch BPI baut eben nicht mehr auf Karstadt in der Entwicklung des städtebaulichen Filetstücks zwischen Bahnhof-, Martinstraße und Ehnisgasse wird.
„Wir haben Gespräche mit dem Warenhaus geführt und versucht, eine gute, zukunftsfähige Lösung zu finden – leider ohne Erfolg“, berichtet Tom Walsh, einer der Geschäftsführer von BPI. Die Mietverträge seien nun von BPI gekündigt worden oder fristgerecht ausgelaufen.
In der Konzernzentrale der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH in Essen betont man indessen, dass man sehr viel Potenzial in Esslingen sehe und „rundum zufrieden“ mit dem Standort sei. Die Esslinger Karstadt-Chefin Gabriele Post berichtet, der Investor versuche allerdings seit Monaten, das Kaufhaus aus dem Mietvertrag zu drängen. Die heute bereits leer stehenden Flächen in der Bahnhofstraße 10 wurden demnach bereits gekündigt und stehen seitdem leer. „Die Mietverträge für das Warenhaus und den Parkplatz laufen fest bis Mitte 2026 mit weiteren Optionen zugunsten von Galeria bis 2036. Aber auch diese beiden Verträge hat der Eigentümer mit für uns nicht nachvollziehbaren Argumenten gekündigt“, sagt Post.
Die Streitparteien stehen sich derzeit offenbar in einem Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht gegenüber. Bei BPI geht man von der Rechtmäßigkeit der Kündigung aus. Laut Markus Rahner von der beratenden Kommunikationsagentur des Investors will dieser die städtebaulich umstrittenen Pläne weiterverfolgen. Man habe frühzeitig versucht, mit Karstadt ins Gespräch zu kommen, wie es sich für die Zukunft aufstellen wolle. „Aber es gab recht wenig Bewegung von Karstadt.“ Dem widerspricht Post: Galeria habe sich stets sehr konstruktiv an den Planungen beteiligt, mehrfach habe man sehr konkrete Lösungsvorschläge unterbreitet. Diese seien alle pauschal abgelehnt wurden, zuletzt auch im Rahmen eines Mediationsverfahrens sowie in einem durch OB Matthias Klopfer moderierten Vermittlungsgespräch. Karstadt setzt bei der Modernisierung der Filiale auf die „Strategie Galeria 2.0“.
Aus dem Rathaus heißt es, die Verwaltungsspitze habe beiden Seiten sehr deutlich signalisiert, dass für die Stadt sowohl die Weiterentwicklung des Areals als auch der Weiterbestand des Kaufhauses wichtig sei. Was bleibt, ist „großes Bedauern“.
Die Stadt war dem Investor im Bebauungsplan weit entgegengekommen, in der Hoffnung, Karstadt zu sichern. Nun wird auch im Gemeinderat heftig diskutiert, ob noch etwas zu retten ist. Man hoffe unverändert auf ein Einlenken von BPI und sei zuversichtlich, vor Gericht die besseren Argumente zu haben, sagt Gabriele Post. Der Investor hingegen macht deutlich: „BPI hofft, dass Karstadt nun bald den Weg für diese innerstädtischen Verbesserungen freimacht und nach Erteilung der Baugenehmigung schnell mit dem Projekt begonnen werden kann.“ Das letzte Wort ist in jedem Fall noch nicht gesprochen.

biz/meb/adi/hin / Foto: Roberto Bulgrin


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