Haecker-Preis für nepalesische Aktivistin Chaudary – Kampf gegen Kinderversklavung
Wenn die diesjährige Haecker-Preisträgerin Urmila Chaudary nach Esslingen kommt, hat sie ihren erst kürzlich erworbenen Schulabschluss in der Tasche. Die Nepalesin engagiert sich in der Befreiung und für die Rechte und die Bildung der Kamlari – das sind Mädchen, die von ihren Familien zur Zwangsarbeit verkauft werden und wie sie selbst vom Schulbesuch abgehalten wurden. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert, die Preisvergabe findet am Sonntag, 2. Juli, 11 Uhr, im Neckar Forum statt.
Chaudary, Jahrgang 1989, ist als Kind versklavt und damit um ihre Schulausbildung gebracht worden. Ihre Eltern, Angehörige der Tharu-Volksgruppe, haben ihre Tochter im Alter von sechs Jahren an eine Familie in der Hauptstadt Katmandu verkauft. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Vater krank und die Familie hoch verschuldet. Das Kind musste für den Unterhalt sorgen – ein bei den Tharu durchaus übliches Vorgehen, da die Volksgruppe im kastenorientierten Nepal systematisch enteignet wurde und für Großgrundbesitzer arbeiten muss. Nicht allein, dass die Kinder nicht zur Schule gehen können, sie sind auch der Willkür ihrer „Arbeitgeber“ ausgesetzt und nicht selten Opfer von Vergewaltigungen und Gewalt allgemein.
Seit ihrer Befreiung zwölf Jahre nach ihrer Versklavung engagiert sich die junge Frau in der Organisation Freed Kamlari Development Forum, die befreite Mädchen und junge Frauen betreut und ihnen eine Schul- und Ausbildung ermöglicht.
Obwohl Kinderarbeit in Nepal untersagt, ist diese geübte Praxis. Chaudary arbeitete sogar im Hauhalt einer recht einflussreichen Politikerin. Entsprechend groß sind das Risiko und die Repressalien, die ihr und ihren Mitstreiterinnen begegnen.
Urmila Chaudhary verbringt eine Woche in Esslingen und besucht in dieser Zeit Schulen sowie Vereine und Initiativen, die sich für Menschen- und Frauenrechte einsetzen. Sie wird begleitet von Man Bahadur Chhetri, der das Kamlahari-Programm der Nepal Youth Foundation leitet. Neben der Preisverleihung ist sie im Politischen Forum am Sonntag, 2. Juli, 18 Uhr, in der Volkshochschule Esslingen zu erleben. Sie spricht dort mit Irene Jung von „Terres des Femmes“ über „Nepal – eine Demokratie ohne Frauenrechte?“. Die Moderation übernimmt Gabór Halász. Am Dienstag, 4. Juli, 19 Uhr, zeigt das Kommunale Kino den Dokumentarfilm über die Theodor-Haecker-Preisträgerin „Urmila – für die Freiheit“. Im Anschluss an den Film unterhält sich Chaudhary mit Bernhard Wiesmeier von der Volkshochschule über ihre Arbeit und ihre Geschichte.
Der Theodor-Haecker-Preis für politischen Mut und Aufrichtigkeit wird alle zwei Jahre verliehen. Der Kulturausschuss des Gemeinderats entscheidet in nichtöffentlicher Sitzung über den Preisträger. Die Vorschläge kommen von Bürgern sowie von Menschenrechtsorganisationen. Die Ehrengabe des Preises erhält dieses Jahr das Projekt Heroes aus Neukölln, das mit jungen Männern aus sogenannten Ehrenkulturen arbeitet. bob / Foto: Susanne Gluth