Kampf gegen den Ärztemangel

Neuhausens Gemeinderat unterstützt die Pläne eines Investors, ein Gesundheitshaus zu bauen

Ein Gesundheitshaus mit zwei Arztpraxen und einer Apotheke soll auf dem Areal der Gaststätte Post in Neuhausen entstehen. Mit knapper Mehrheit hat der Gemeinderat kürzlich der geänderten Vorentwurfsplanung zugestimmt. An der Höhe des Gebäudes nahe dem künftigen S-Bahnhof scheiden sich aber die Geister.
In Zeiten von Ärztemangel und Apothekensterben sieht Bürgermeister Ingo Hacker in dem Projekt eine große Chance. Durch die Nähe zur künftigen Endstation der S 3 sei die Lage ideal. Er verwies auf die städtebauliche Entwicklung zum Wohnquartier, das rund um die Schienenverbindung in den nächsten Jahren entsteht.
Das Neuhausener Gesundheitshaus wird von einem privaten Investor gebaut. Der Architekt Andreas Edelmann, selbst für die CDU im Gemeinderat, plant das Projekt – er rückte wegen Befangenheit bei dem Thema vom Ratstisch ab. Zunächst waren in dem Gebäude an der Ecke Schloss- und Wilhelmstraße Wohnungen vorgesehen. Da nun eine Apotheke und Arztpraxen einziehen, werden nicht nur zusätzlich zwölf oberirdische Parkplätze gebraucht. Nach Angaben der Verwaltung habe es Gespräche mit interessierten Ärzten und mit einer örtlichen Apotheke gegeben. Sie könnten sich so vergrößern.
Das Gebäude soll um 85 Zentimeter höher werden als zunächst geplant. „Dass eine Apotheke und Arztpraxen in das Gebäude kommen, ist ein Gewinn für Neuhausen“, sagte Jens Jenuwein (Freie Wähler) in der Sitzung des Gemeinderats im Rathaus. Aus Sicht der Freien Wähler sollte das Gebäude aber die geplante Höhe nicht übersteigen – das sind fast 15 Meter. „Die Höhe ist den gesetzlichen Vorgaben geschuldet“, hielt Dietmar Rothmund (SPD) dem entgegen. Deshalb trage seine Fraktion die Höhenveränderung mit. Mit zehn zu zwölf Stimmen entschieden sich die Kommunalpolitiker schließlich für die größere Variante.
Dass Ärztehäuser, in denen mehrere Mediziner ihre Praxen haben, gerade in kleineren und mittleren Städten eine Chance sein können, bestätigt Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Allerdings seien das zunächst nur Gebäude. „Wir haben zurzeit in Stadt und Land das Problem, dass viele Allgemeinmediziner händeringend Nachfolger für ihre bereits bestehenden Praxen suchen“, sagt Sonntag. Wenn sich dann junge Ärztinnen oder Ärzte fänden, übernähmen sie die bestehenden Praxisräume. In der Medizin geht der Trend laut Kai Sonntag allerdings verstärkt zu sogenannten Gesundheitszentren, in denen mehrere Ärzte zusammenarbeiten. „Wir haben immer mehr Medizinerinnen und Mediziner, die im Angestelltenverhältnis arbeiten möchten.“ Daher sieht der Sprecher der KVBW die Zukunft in solchen größeren Einheiten. „In diesen Zentren sind auch Teilzeitmodelle möglich, die gerade jungen Familien entgegenkommen.“ Gerade junge Mütter wünschten sich diese Flexibilität im Beruf. Seit Jahren steigt der Anteil der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden weiblichen Ärzte und Psychotherapeuten, laut Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung lag der weibliche Anteil im Absolventenjahr 2022 erstmals bei mehr als 50 Prozent.
Um die medizinische Versorgung zu sichern, hat die Gemeinde Aichwald selbst ein Ärztehaus gebaut. „So hatten wir als Kommune die Möglichkeit, das Gebäude auf unsere Bedürfnisse zuzuschneiden“, sagt Bürgermeister Andreas Jarolim. Das Ärztehaus in Schanbach hat die Gemeinde 2,9 Millionen Euro gekostet. Es ging 2015 in Betrieb. Inzwischen praktizieren dort die Ärztinnen Edda Hoffmann und Christiane Lopes. In Aichwald mit rund 8000 Einwohnern gibt es zwei Allgemeinärzte und zwei Zahnarztpraxen. „Nicht nur für die älteren Menschen ist es wichtig, Ärzte vor Ort zu haben“, sagt Jarolim.

eli / Foto: Ines Rudel


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