Kampf um jedes Kilowatt

Steigende Preise für Strom, Gas und Rohstoffe setzen Bäcker auch im Landkreis Esslingen unter Druck

Willst du guten Kuchen backen, musst du haben teure Sachen: „Eier, Hefe, Mehl und Zucker sind preislich deutlich gestiegen“, sagt Bäckermeister David Cnossen, der Inhaber der gleichnamigen Bäckerei in Esslingen. Für das Gas zahle er derzeit das Dreifache im Vergleich zum Juni dieses Jahres. „300 Prozent Preissteigerung kann man nicht kompensieren“, klagt er.
Kein Einzelfall. Die Bäckereien im Landkreis Esslingen sind gezwungen, mit Sparmaßnahmen auf Energiekrise und Inflation zu reagieren. Um die Kunden nicht zu vertreiben, könne man die gestiegenen Kosten nicht komplett durch Preissteigerungen kompensieren. „Ich habe Stammkunden, die kaufen seit zehn Jahren jeden Tag dasselbe – die merken sofort, wenn die Preise steigen“, sagt David Cnossen. Mit welchen Maßnahmen versuchen die Bäckereien im Kreis, ihr Handwerk kostengünstiger zu betreiben?
Cnossen hat in den vergangenen Jahren bereits viel investiert: Mit einer nahezu vollständigen Umstellung auf LED-Beleuchtung und energieeffizienteren Backöfen habe er seinen Energieverbrauch gedrosselt. Sein Dach habe er mit Photovoltaikanlagen bedeckt. Damit könne er jedoch nur 20 Prozent des Stromverbrauchs abdecken. Und alle Umstellungen würden nicht ausreichen, um die gestiegenen Kosten zu kompensieren. Hinzu komme, dass er durch seine Investitionen offene Kredite habe. Seine betrieblichen Rücklagen seien weg. Eine Reduzierung des Sortiments komme für ihn derzeit noch nicht infrage. Jedoch werde regelmäßig nachkalkuliert, um die Restbestände nach Ladenschluss so gering wie möglich zu halten.
Frank Schultheiß, der mit seinem Cousin Christian Schultheiß die gleichnamige Stadtbäckerei mit Sitz in Ostfildern und mehr als 20 Filialen in der Region führt, muss in größeren Maßstäben kalkulieren. Hier geht es verstärkt um die Optimierung von Prozessen. In allen Filialen werde auf Leuchtreklame verzichtet, was laut Schultheiß jedoch einen verschwindend kleinen Anteil des Stromverbrauchs ausmache. Eine Vielzahl an Maßnahmen sei nötig. Die Temperatur in den Innenräumen sei abgesenkt worden. Derzeit würden alle Räumlichkeiten auf LED-Beleuchtung umgestellt. Öfen und Kälteanlage würden modernisiert. Und es gebe Anpassungen im Angebot: Zwar bislang ohne Sortimentskürzungen, doch die Produktionsmengen würden gesteuert. Für den Kunden kann das bedeuten: Wer zu spät einkauft, bekommt eventuell nicht genau das, was er oder sie möchte.
Jörg Zoller, einer von zwei Geschäftsführern vom Esslinger Backhaus Zoller, kündigt für Oktober Preissteigerungen zwischen fünf und zwölf Prozent in den über 20 Filialen an – abhängig vom jeweiligen Produkt. Vor allem die Strompreise würden ihnen derzeit zu schaffen machen, da sie in den Filialen mit elektrischen Öfen „Zollis“ und Laugengebäck frisch backen. Inzwischen werde unter der Woche morgens darauf verzichtet, Laugenpeitschen zu backen. „Die Stromkosten sind um 100 Prozent gestiegen. Ich bin optimistisch, dass wir die Krise meistern, aber wir befinden uns in einer Phase, die unsere Branche bisher so noch nie hatte“, sagt Jörg Zoller. Die Vielzahl negativer Faktoren machte eine sichere Planung unmöglich.
Dank eines günstigen Gasvertrags hielten sich diese Preissteigerungen noch in Grenzen. Er habe aber Angst davor, dass die Gasversorger die Verträge kündigen könnten. „Wenn das Gas ausbleibt, dann produzieren wir schlicht nicht mehr.“ Auch bei ihnen gebe es bereits Veränderungen im Sortiment. Dies liege aber in erster Linie an den gestiegenen Rohstoffpreisen.
Welche Unterstützung David Cnossen sich von der Politik wünscht? „Ich will nichts geschenkt. Günstige Förderkredite zu den Konditionen von vor einem Jahr würden schon helfen. Ich weiß nicht, ob ich sie in Anspruch nehmen würde, aber es geht einfach darum, dass ein Notfallplan existiert.“ Er sei jetzt Mitte 40 und habe ein kleines Kind. Das nächste sei auf dem Weg, erzählt er. „Den Laden einfach zuzumachen, kommt für mich nicht infrage.“

ff / Foto: Roberto Bulgrin


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