S-Bahn-Verlängerung nach Neuhausen geht frühestens im Dezember 2027 in Betrieb – Eidechsen werden umgesiedelt

Wo künftig die S-Bahn von Bernhausen nach Neuhausen fahren soll, sind derzeit noch Artenschützer zugange: Sie sammeln geschützte Eidechsen ein, um sie anderswo wieder freizulassen. Diese Umsiedlung „wird voraussichtlich noch bis August dauern“, sagt Daniel Kohler, der die Strecke als Projektleiter für die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) betreut. Danach wird ein Team des Landesamts für Denkmalpflege nach Funden aus der Römerzeit graben.
Dass sich nun etwas tut und die lang ersehnte S-Bahn-Verlängerung endlich genehmigt ist, sorgt bei den beteiligten Kommunen für große Erleichterung. Gleichwohl hat das Warten noch kein Ende, etwa auf dem eingezäunten Bahnhofsareal in Neuhausen. Bereits vor einem Jahr haben die Vereine dort ihre Lagerräume räumen müssen, doch gebaut wird immer noch nicht. Auf dem Areal wird das Projekt aber laut Kohler schon vorbereitet. Es werden Habitate für die Eidechsen angelegt, damit diese bei den Bauarbeiten nicht in Gefahr geraten. Ein Teil der Tiere ist ins Egelseegebiet am Ortsende von Neuhausen umgesiedelt worden.
Das Stuttgarter Regierungspräsidium hat die S-Bahn-Verlängerung Anfang Juli genehmigt und den Planfeststellungsbeschluss erlassen. Auch der Landkreis Esslingen – neben dem Verband Region Stuttgart sowie den Kommunen Filderstadt und Neuhausen Mitfinanzierer des Projekts – hat dem derzeit auf 210 Millionen Euro taxierten Schienenbauprojekt zugestimmt. Ebenso der Neuhausener Gemeinderat – einstimmig, gleichwohl unter heftiger Kritik an dem langen Genehmigungsprozess.
Da die Strecke genehmigt ist, sei es jetzt möglich, die Förderanträge zu stellen – dann könnten im Frühjahr 2023 die Vergaben für den 3,9 Kilometer langen neuen Abschnitt der S2 beginnen, sagt Daniel Kohler. Der Baubeginn werde derzeit für das dritte Quartal 2023 angepeilt. „Wenn alles nach Plan läuft, wird die Strecke zum Fahrplanwechsel im Dezember 2027 in Betrieb gehen.“ Da gebe es allerdings viele Risiken, sodass ein späterer Starttermin nicht ausgeschlossen sei.
Die wiederholten Verzögerungen bei dem Infrastrukturprojekt stellen die Gemeinde Neuhausen und die Stadt Filderstadt vor Probleme, denn die städtebauliche Entwicklung wurde behindert. „Es war eine sehr lange Genehmigungszeit, mehr als fünf Jahre. Die Baugenehmigung jetzt ist für uns und alle Beteiligten die Grundlage für die ‚Meilensteinentscheidung Baubeschluss‘“, sagt der Neuhausener Bürgermeister Ingo Hacker. „Jetzt nehmen die konkreten Planungen Fahrt auf. Und wir können mit dem Prozess zum neuen Flächennutzungsplan fortfahren.“ Scharf kritisiert Hacker die Dauer des Verfahrens: „Die Genehmigungsprozesse müssen sich dringend verkürzen, wenn wir die Mobilitätswende hinbekommen wollen.“ In Neuhausen musste nach seinen Worten ein neues Artenschutzgutachten erstellt werden, weil das vorhergehende nach einer gewissen Zeit seine Gültigkeit verloren hatte. Auch Landrat Heinz Eininger monierte die Planungsdauer, dies sei „eine Geschwindigkeit, die man sich nicht leisten kann“.
Der Neuhausener Gemeinderat ist intensiv in die Gestaltung des Bahnhofareals eingebunden. „Die Arbeit in der Projektgruppe wurde von allen als sehr erfolgreich und befruchtend bewertet, sie wird fortgeführt und intensiviert“, sagt Hacker, der die Zusammenarbeit mit den SSB lobt.
Froh ist auch Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub, dass es nun endlich weitergeht. Dass sich der S-Bahn-Bau so lange verzögert hat, kritisiert auch er. „Die S-Bahn-Verlängerung ist für uns ein wichtiges Infrastrukturprojekt“, stellt er klar. Entlang der Strecke sieht Traub Chancen für neue Gewerbeflächen. Nun könne der Bahnhof geplant werden, und Filderstadt insgesamt werde gewinnen. Dennoch sieht Traub darin nur einen Baustein für die weitere Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs in Filderstadt: „Was uns fehlt, ist ein Anschluss in die Kreisstadt Esslingen.“ Und zwar über eine Schienenverbindung, bei diesem Thema dürfe es keine Denkverbote geben, sagt Traub: „Eine Stadtbahn nach Esslingen, die es ja schon gab, könnte einen Ring schließen.“
eli/red / Foto: Ines Rudel