Neuer „Wünschewagen“ des Arbeiter-Samariter-Bundes in Ludwigsburg ist ein Angebot an Schwerstkranke in ganz Württemberg
In der Zeit der Trauer und des Abschiednehmens Glücksmomente bescheren: Das möchte der Wünschewagen. Mit dem besonderen Krankentransporter erfüllen der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und seine Ehrenamtlichen schwerstkranken Menschen letzte Wünsche. Im November wurde ein neues Fahrzeug eingeweiht, das vom Standort Ludwigsburg aus in ganz Württemberg eingesetzt wird.
Es ist ein Krankentransportwagen, aber ein besonderer: Der Wünschewagen verfügt über eine notfallmedizinische Ausstattung für alle Fälle, spezielle Stoßdämpfer und eine Liege für den Transport. Allerdings sind die medizinischen Geräte in Fächern unsichtbar verstaut, ein bequemer Sitzplatz für mitfahrende Angehörige steht bereit und die großen Glasfenster bieten auch Liegenden den Ausblick auf die Umgebung. Farbe, Lichtkonzept und verschiedene weitere Details bis hin zum ASB-Teddybär sind weit weg vom üblichen sterilen Krankentransport, den die meisten Mitfahrenden schon allzu oft erlebt haben dürften.
Der Wünschewagen ist für Menschen da, die unheilbar krank und dem Tod nahe sind. Manche möchten sich einen Lebenstraum erfüllen, andere wollen noch einmal zum Lieblingsverein ins Stadion oder bei einem Familientreffen dabei sein. Doch selbst kleinere Unternehmungen werden zur großen Hürde, wenn ein Liegendtransport und medizinische Betreuung notwendig sind. Hier hilft das ASB-Projekt – egal, welches Alter die Fahrgäste haben. Bedingung ist, dass sie keine lange Lebenserwartung mehr haben und dass sie sich ihren Wunsch nicht auf andere Weise erfüllen können. Jede Fahrt wird von zwei geschulten Ehrenamtlichen begleitet, darunter eine Person mit medizinischer oder pflegerischer Ausbildung.
Ende November eingeweiht, war der neue Wünschewagen gleich einige Male im Einsatz, zwei Mal kurz vor Weihnachten. Er brachte eine an Krebs erkrankte ältere Dame zum Gospelkonzert nach Stuttgart – sie hatte früher selbst gesungen und wünschte sich sehr, diese Musik und die Stimmung noch einmal live zu erleben. Und in der Weihnachtswoche begleitete das Wünschewagen-Team ein Ehepaar, das seit mehr als 60 Jahren verheiratet ist, ins Restaurant. Dort feierten die beiden mit ihrer Familie ihren Hochzeitstag. Ohne die Begleitung und die Sicherheit durch die medizinischen Helfer im Hintergrund wäre das wegen der schweren Krebserkrankung der Frau nicht möglich gewesen, sagt Projektkoordinatorin Silke Löser.
Das SWR-Fernsehen hat im November über Sabine Knapp berichtet, die sich dank dem Wünschewagen mit einer Ballonfahrt einen Lebenstraum erfüllen konnte. „So ein Gefühl habe ich schon lange nicht mehr gehabt“, sagte die 50-Jährige, die unheilbar an Brustkrebs erkrankt ist, hoch droben in der Luft gerührt. Sie riet allen, die in einer ähnlichen Situation stecken, „nie die Wünsche, nie die Träume zu verlieren – das ist das, was einem die Kraft gibt, weiterzukämpfen“.
„Wir rücken die Menschen in ihrer ganzen Würde, in ihrer ganzen Bedürftigkeit noch einmal in den Mittelpunkt und nehmen sie nicht weg, sondern geben zurück“, sagte Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha. Er kam zur Einweihung des Wünschewagens nach Ludwigsburg. Die Schirmherrschaft für das Projekt übernehmen zu dürfen, empfinde er als große Ehre, unterstrich der Minister, zumal es von der Zivilgesellschaft getragen sei: Es baut auf den Einsatz der Ehrenamtlichen und auf Spendengelder. Was die Beteiligten hier leisteten, sei „eine ganz besondere Art der Hospizarbeit“.
Der Wünschewagen sei das Gegenteil einer „Satt-und-sauber-Pflege“, betonte Wilhelm Müller, Vizepräsident des ASB Deutschland. Im Jahr 2004 hatte nach dem Vorbild eines niederländischen Projekts das erste der Fahrzeuge bundesweit Fahrt aufgenommen, 2018 werden alle Bundesländer versorgt sein. Insgesamt, so Müller, seien schon rund 1000 Wünsche von schwerstkranken und pflegebedürftigen Menschen erfüllt worden.
In Ludwigsburg wurden bereits 35 Ehrenamtliche für den Einsatz mit dem Wünschewagen geschult, ein weiterer Kurs findet Anfang dieses Jahres statt. Tina Kotte, von Beruf Hebamme und seit ihrer Jugend beim DRK und in der Notfallseelsorge engagiert, gehört zum Freiwilligen-Team: „Ich finde es ein hammergutes Projekt, in einer Zeit der Krise und des Abschiedes noch mal eine ruhige und unbeschwerte Phase reinzubringen“, sagte sie. Hans-Ulrich Oppenländer, Vorsitzender des ASB in der Region Ludwigsburg, sagte bei der Einweihung, noch nie habe ihn „ein ASB-Projekt so sehr berührt“ wie dieses.
Vor dem Residenzschloss in Ludwigsburg, glänzend im Scheinwerferlicht, wurde das neue Fahrzeug für Herzenswünsche auf den Weg gebracht. Bundes- und Landesverband des ASB haben mit je 50 000 Euro den Grundstein für seine Anschaffung gelegt; komplett ausgestattet kostete es rund 120 000 Euro. Die jährlichen Betriebskosten lägen voraussichtlich bei 50 000 bis 60 000 Euro, sagte Oppenländer: Sie müssen durch Spenden gedeckt werden, damit die Erfüllung ihrer Wünsche für die Schwerstkranken kostenlos bleibt. Denn zur schlimmen Diagnose und der Ungewissheit kommt bei ihnen oft noch die finanzielle Not hinzu. Sie hoffe, dass sich viele Betroffene gemäß dem Motto „Letzte Wünsche wagen“ getrauen, ihre Träume auszusprechen, sagte die Landesvorsitzende des ASB, Sabine Wölfle. aia / Foto: ASB
Info: Kontakt zum Wünschewagen – ob für eine Spende oder für eine Wunschanfrage – bekommt man übers Internet www.wuenschewagen.com,
unter t 0 71 41/ 47 47-1 50 oder E-Mail: wuenschewagen@asb-ludwigsburg.com.