Kunsttherapie als kreativer Baustein in der Erziehungsarbeit an der Grötzinger Weiherbachschule
Die Kunsttherapie ist für Psychologen und Psychotherapeuten längst ein etabliertes Mittel, um die Seele zu öffnen. Als begleitendes Förderangebot zur Erziehungs- und Bildungsarbeit an den Schulen hingegen ist sie weitgehend unbekannt in Deutschland. Die Weiherbachschule in Grötzingen ist hier einer der Vorreiter. In Kooperation mit dem Nürtinger Hochschulinstitut für Künstlerische Therapie entstand dort das Projekt „Kunst fördert Entwicklung“ (KufE).
Seit gut einem Jahr sind sowohl Diplom-Kunsttherapeut Wolfgang Lang als auch Studenten der Kunsttherapie mit verschiedenen Angeboten in den Alltag an der Grund-und Werkrealschule in Grötzingen integriert. Sowohl klassenübergreifend als Wahlgruppe oder in Kleingruppen arbeiten die Kunsttherapeuten mit den Kindern. Im freien kreativen Prozess dürfen die Schüler dabei gänzlich ohne Notendruck sich ausprobieren, mit Materialien experimentieren und erforschen. „Sie reflektieren sich selbst im wertfreien Rahmen“, sagt Lang.
Zugleich haben die Kinder Gelegenheit, sich mit ihrem Umfeld auseinanderzusetzen und für sich Dinge zu klären. Und mit Belastungen wie Leistungsdruck, Ärger mit anderen Schülern oder auch familiär bedingten Problemen umzugehen. „Die gestalterischen Mittel erweitern den Sprachraum der Kinder“, so Lang. Die kreative Arbeit wird so zu einem Symbolisierungsprozess und Ausdrucksmittel für Dinge, die das Kind nicht oder noch nicht in Worte zu fassen vermag.
Gerade mal eine Handvoll staatlicher Schulen im Land bindet derzeit kreatives, freies Arbeiten als präventives wie förderndes Mittel in ihre Arbeit ein. Wolfgang Lang führt das vor allem auf die Tatsache zurück, dass dieser Zweig der Kunsttherapie nur sehr wenigen überhaupt ein Begriff ist. „Denn mit dem klinischen Ansatz der Kunsttherapie haben die kreativen Impulse, die wir an der Schule setzen können, nichts zu tun“, erklärt er. Vielmehr dient das künstlerische Tun als Katalysator für wichtige Entwicklungsphasen und für die Persönlichkeitsentwicklung. Dass die Grötzinger Schule seiner Idee derart offen gegenüber steht, ist deshalb für den Kunsttherapeuten ein echtes Geschenk.
Dass kreatives Schaffen so manchen Seelenknoten zu lösen vermag, hat die Rektorin der Weiherbachschule, Hannelore Blümel, schon oft persönlich erlebt. Über die Schiene der KufE-Angebote gelang es mehrfach, Auffälligkeiten bei Schülern deutlich zu lindern oder Konflikte aufzubrechen.
Lehrerschaft und Kunsttherapeuten arbeiten in dem Projekt eng zusammen. Auch die Schulsozialarbeiter sind im ständigen Austausch mit dem KufE-Team. „Wir arbeiten hier multiprofessionell am Kind“, sagt Blümel. „Dinge, die man als Lehrer erahnt hat, bekommen durch die Kunsttherapie eine neue Klarheit“, so ihre Erfahrung. Es helfe dabei, den einzelnen Schüler besser wahrzunehmen – und zu unterstützen. Sie sieht aber ebenso den präventiven Charakter des Angebots.
Die Anschubfinanzierung für das Projekt bekam die Schule von der Karl-Schlecht Stiftung. Mittelfristig soll jedoch die Stadt Aichtal die Finanzierung laut Blümel übernehmen. Ihr Traum ist es, dass für das Projekt KufE eine feste Stelle entstehen kann. „Die Kinder leben heute viel mehr an der Schule, und dadurch kommen auch neue Themen in den Schulalltag, die wir aufarbeiten müssen“, sagt sie. mo / Foto: mo