Max und Felix als Denkmalschützer

Viereckschanze im Esslinger Stadtwald: Kulturdenkmale im Waldboden schützen – Rückepferde sorgen für schonende Waldwirtschaft

  

Bodendenkmale, zumal im Wald gelegen, haben einen entscheidenden Nachteil: Man kann sie schlecht sehen. Das hat dazu geführt, dass die Forstwirtschaft ihnen über Jahrzehnte Schaden zugefügt hat. Um Waldbesitzer und Forstmitarbeiter für die Bodenschätze zu sensibilisieren, hat der Landesbetrieb Forst BW ein Merkblatt herausgegeben.
Im Esslinger Stadtwald, nahe dem Jägerhaus, liegt eine rund 2000 Jahre alte keltische Hofanlage im Boden, 150 Meter davon entfernt ein Gräberfeld. Ein Täfelchen am vorbeiführenden Waldweg macht Spaziergänger darauf aufmerksam. Doch die Reste der Anlage aus der frühen Besiedlungsgeschichte der Region ist nur für geübte Augen zu erkennen. Mehr als einen Hügel nimmt der ahnungslose Betrachter zunächst nicht wahr. Zwar sind Teile der Viereckschanze, wie die Keltenanlage heißt, bereits in den 1920er-Jahren ausgegraben worden, dennoch sind forstwirtschaftliche Arbeiten in diesem Bereich weitergelaufen wie immer. Das bedeutet, dass durch das Fällen und Durchziehen von Baumstämmen durch sogenannte Rückegassen mit schweren Maschinen Teile der Anlage abgetragen und geschleift wurden; das passierte in den zurückliegenden Jahren vielfach aus Unkenntnis.
Seit 2009 hat die Stadt alle Denkmale auf ihrer Gemarkung aufgelistet. Diese Denkmaltopografie bildet nicht nur die historisch relevanten Gebäude in der Altstadt ab, sondern eben auch Kulturdenkmale in freier Landschaft. Der Schutz dieser Denkmale ist allerdings eine Herausforderung. Die Holzernte, die Waldbewirtschaftung sowie das Anlegen von Wegen im Wald als Erholungsgebiet gehören zu den Faktoren, die im gemeinsamen Konzept des Landesamts für Denkmalpflege und des städtischen Forstbetriebs Esslingen beachtet und bearbeitet werden mussten.
„Es gibt eine Reihe von Methoden, die eine bodenschonende Bearbeitung des Waldes möglich machen“, erklärte Stadtförster Ingo Hanak kürzlich bei der Vorstellung des Projekts. Hanak, der sich seit drei Jahren intensiv mit der Thematik beschäftigt, führte vor, mit welchen Arbeitsgeräten beispielsweise der Boden schonend und flach geöffnet werden kann, um Setzlinge einbringen zu können. Wie Hanak berichtete, sind hohe alte Bäume um die Anlage herum gefällt worden. „Diese Bäume hätten bei Sturm umgerissen werden und auf die Anlage stürzen können.“ Das langfristige Ziel sei eine Bewirtschaftungsform, die ohne sturmgefährdete Bäume auskommt.
Einen wesentlichen Anteil am Walddenkmalschutz hat der Einsatz sogenannter Rückepferde. Max und Felix, die beiden Kaltblüter des Lichtenwalder Garten- und Landschaftsbauers Julian Sartorius, ziehen jedes bis zu 600 Kilo Holzgewicht aus dem Wald. Der Vorteil: Die Tiere transportieren die Holzstämme aus nächster Nähe der Denkmale ab und überbringen sie an weiter entfernt stehende Erntemaschinen.
Werden die Stämme nur über kürzere Distanzen über den Boden gezogen, ist die Gefahr geringer, dass sie sich eingraben und an diesen Stellen Schaden anrichten. Für das Konzept bedeutete dies, dass die Rückegassen neu bewertet wurden. Auch der Rückeweg der Pferde musste an das bestehende Rücke­wegenetz angeschlossen werden. Landesarchäologe Dirk Krausse ist von dem Konzept überzeugt: „Die keltische Viereckschanze ist ein gutes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Denkmalpflege und dem Forst beim Schutz archäologischer Denkmale im Wald.“ Auch Felix Reining, der ehemalige Kreisforstamtsleiter und jetzige Geschäftsführer von Forst BW, steht hinter dem Konzept: „Der Wald birgt zahlreiche Bodendenkmäler. Forst BW setzt sich aktiv dafür ein, dass sie geschützt bleiben.“
Und Burkhard Nolte, der Leiter des Esslinger Grünflächenamts, freute sich darüber, dass ein Esslinger Denkmal als Beispiel für das Merkblatt ausgewählt wurde.
Info: Das Merkblatt „Denkmale im Wald: Erkennen und schützen“ gibt es bei Forst BW oder zum Herunterladen im Internet unter www.forstbw.de. Es richtet sich an alle Waldbesitzer und Menschen, die im Wald arbeiten. bob / Fotos: bob


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