Mehr als nur ein Planschbecken

Auch im Kreis Esslingen wird bei Hallenbädern gespart – Schließungen könnten schwere Folgen haben

Die Energiekrise zwingt das gesamte Land dazu, massiv Strom und Gas zu sparen. Das betrifft vor allem Kommunen und führte so weit, dass das Bundeskabinett kürzlich eine umfangreiche Energiesparverordnung erlassen hat. Darin steht beispielsweise, dass öffentliche Gebäude nur noch auf maximal 19 Grad beheizt werden dürfen. Auch welche Gebäude wann und wie lange beleuchtet werden dürfen, ist darin geregelt. Viele Städte und Gemeinden im Südwesten sehen aber noch in einem anderen Bereich ein hohes Einsparpotenzial: In den Schwimm- und Hallenbädern. Diese sind meist Zuschussbetriebe und verschlingen viel Energie.
Erste Kommunen in der Region haben deshalb beschlossen, nicht nur die Hallen- und Wassertemperatur herunterzusetzen, sondern die Betriebe vorübergehend ganz einzustellen. So haben beispielsweise die Hallenbäder in Albstadt nach den Sommerferien nicht geöffnet. Neben Freizeitsportlern und Wellness-Fans leiden darunter vor allem Sportvereine sowie Kinder und Jugendliche. Ihnen werden Möglichkeiten genommen, schwimmen zu lernen und dies zu üben. Ein Blick in den Landkreis Esslingen zeigt, dass auch dort Sparmaßnahmen getroffen werden. Schließungen sind bei den befragten Betreibern bislang noch nicht geplant – können aber nicht ausgeschlossen werden.
Nachdem bekannt wurde, dass im Ostalbkreis Hallenbäder den Betrieb einstellen werden, um Energie zu sparen, veröffentlichte der Württembergische Landessportbund (WLSB) einen Appell an die Städte und Gemeinden im Land: „Die Hallenbäder müssen offen bleiben“, heißt es darin. Wenn nicht, säßen nämlich die Schwimmkurse der Sportvereine ebenso wie der Schwimmunterricht wieder auf dem Trockenen.
Sollte es tatsächlich auch im Landkreis Esslingen zu Bäderschließungen kommen, könnte das aus Sicht von Carola Orszulik schwerwiegende Folgen haben. Sie ist die Geschäftsführende Vorständin des SSV Esslingen. Der größte Sportverein der Stadt braucht nicht nur für seine Leistungssportler Wasserflächen, sondern vor allem auch, um Kindern und Jugendlichen Schwimmunterricht zu bieten. „Ich halte das für gesellschaftlich unverantwortlich und zu kurz gedacht“, sagt Carola Orszulik über mögliche bevorstehende Bäderschließungen.
Diese könnten nämlich ein Problem, mit dem der SSVE und viele weitere Vereine im Südwesten schon seit Langem zu kämpfen haben, zusätzlich verschärfen: Ihnen fehlen generell Trainingsmöglichkeiten. So hat die Stadt Esslingen ohnehin verhältnismäßig wenige Wasserflächen zu bieten. Dem Gegenüber steht die Problematik, dass in der Coronapandemie über einen langen Zeitraum weder Schwimmunterricht noch -kurse möglich waren und viele Kinder Nachholbedarf haben, erklärt Orszulik. Derzeit herrsche eine extrem hohe Nachfrage nach Kursen. „Der Stau löst sich einfach nicht auf.“ Die Traineranzahl und das Know-how seien nicht das Problem, der Verein könnte dahingehend noch mehr auffahren. Doch es fehle an Wasserflächen. Würden zusätzliche Flächen wegfallen, habe das große Auswirkungen.
Eine gute Nachricht: Die angefragten Bäderbetriebe in Esslingen, Altbach und Wernau planen nicht, im Herbst und Winter den Betrieb einzustellen. Zunächst wollen sie versuchen, andere Mittel zu nutzen. So wird im Altbacher Hallenbad, das mit Fernwärme versorgt wird, die Wassertemperatur auf 27 Grad herabgesetzt. Weil es als Sport- und Gesundheitsbad genutzt wird, „sollte die Wassertemperatur für die Badegäste noch erträglich bleiben“, erklärt Karolin Stollsteimer, die im Rathaus für den Betrieb zuständig ist. Außerdem soll die Steuerungstechnik optimiert werden. Ähnliches gilt für Wernau, wo sowohl das Hallenbad als auch die Wellness-Landschaft im Quadrium wieder geöffnet haben. Das Wasser wird dort statt 28 nur 26 Grad haben. Zudem sind die Ticketpreise gestiegen.
Auch in den Hallenbädern der Stadtwerke Esslingen, dem Merkel’schen Bad und dem in Berkheim, müsse möglicherweise die Becken- und Raumtemperatur angepasst werden, heißt es in einer Mitteilung. Und eine Schließung könne nicht ausgeschlossen werden.

dcb / Foto: Ines Rudel


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