Mehr Transparenz

Nürtingen, Frickenhausen, Aichtal und Wolfschlugen bringen qualifizierten Mietspiegel auf den Weg

Wohnraum ist knapp, das bekommen auch Wohnungssuchende in und um Nürtingen zu spüren. Das Angebot an Mietwohnungen ist dünn, die Preise sind gepfeffert. Um für eine bessere Vergleichbarkeit und mehr Transparenz zu sorgen, legt die Stadt Nürtingen nun zusammen mit den Nachbarkommunen Aichtal, Wolfschlugen und Frickenhausen einen qualifizierten Mietspiegel auf.

Rund 66 400 Menschen leben laut dem jüngsten Mikrozensus in den vier Städten und Gemeinden. Tendenz steigend. Kein Wunder, meint Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Fridrich. Gelegen im Herzen der Region bieten Nürtingen und sein Umland eine gute Infrastruktur und Arbeitsplätze, dazu ein gutes Bildungsangebot. Aber auch für die ältere Generation sei man attraktiv.

Der Anteil der Haushalte, die zur Miete wohnen, liegt in den vier Kommunen bei 37,94 Prozent – und damit deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 48,1 Prozent. Der geringste Mietanteil findet sich mit 34,21 Prozent in Frickenhausen, am höchsten ist er in Nürtingen mit 39,53 Prozent.

Wer mietet, muss derzeit dafür rund die Hälfte seines Einkommens aufbringen. Und genau darin sieht Fridrich ein großes Problem. Wenn es wenig Wohnraum gebe und der verfügbare auch noch teuer ist, fallen die Einkommensschwächsten unten raus, warnt der OB.

Mit dem interkommunalen, qualifizierten Mietspiegel, kurz qMS, wollen die Kooperationspartner nun ein Instrument schaffen, um den Markt für Mietwohnungen transparenter zu machen. Die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete, die in den kommenden Wochen zusammen mit den Statistikern vom Institut für empirische Marktanalysen (EMA) ermittelt werden soll, schaffe Rechtssicherheit, so Fridrich. Er schütze Mieter vor zu hohen Mieten, diene aber zugleich auch als Orientierung für Vermieter bei der Vermarktung ihrer Objekte. Die Kommunen wollen den qMS zudem künftig als Basis für die Sozialquote im Geschossbau heranziehen.

Wie sich ein solcher Mietspiegel aufbaut, das erklärte Oliver Trinkaus von EMA den Akteuren der Auftaktveranstaltung. Die Kommunen holten dazu Vertreter der großen Wohnungsbaugesellschaften und Banken, von „Haus und Grund“ sowie des Mietervereins mit an den Tisch. Um die ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln zu können, werden im Rahmen einer Bürgerbefragung eine Vielzahl von Daten erhoben. Baujahr, Wohnfläche, Ausstattung und Lage sind Faktoren, die im Zuge der Aktion abgefragt werden.

Kategorisiert nach Baujahr und Größe wird aus den Zahlen die Durchschnittsmiete ermittelt. Die Daten betrachtet das In­stitut zusätzlich unter anderen Aspekten: So können gewisse Merkmale Pluspunkte für ein Mietobjekt darstellen – heißt, sie rechtfertigen eine höhere Miete. Dabei schauen die Experten jedoch ganz genau hin. „Eine Wohnung mit Balkon ist nicht automatisch hochwertiger, wenn Balkone in der Region ein Standard sind“, erklärt Trinkaus. Und: Es werden ebenso Punkte ermittelt, die sich mietmindernd auswirken können. Dass die Lage den Preis bestimmt, verneint Trinkaus eindeutig: „Vor allem die Größe und das Baujahr sind die entscheidenden Faktoren.“

Insgesamt plant Trinkaus, für den qMS 11 500 Haushalte in Nürtingen, Frickenhausen, Aichtal und Wolfschlugen zu befragen. Wahlweise per Brief oder online können die Teilnehmer auf die Fragen antworten. Mindestens 750 Datensätze brauchen die Statistiker, um fundierte Aussagen im Mietspiegel treffen zu können. Notfalls könnten in einer zweiten Runde weitere Fragebögen versendet werden. „Erfahrungsgemäß erzielen wir aber die nötige Quote ohne Probleme“, versichert Trinkaus.

Voraussichtlich im Herbst soll der qMS von den Gemeinderäten beschlossen werden. Zudem könne er auch von den Mieter- und Eigentümerverbänden anerkannt werden, sagt Trinkaus. „Am bestens ist es, wenn beide Gremien ihn qualifizieren“, rät er.  mo / Foto: dpa


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