Studie: Fluglärm in Baltmannsweiler nicht gesundheitsschädlich – Ergebnisse in Corona-Zeiten nicht aussagekräftig

Es ist so gekommen, wie einige Mitglieder des Gemeinderats von Baltmannsweiler schon geunkt haben: Die Ergebnisse der Fluglärmmessung auf dem Gemeindegebiet sind da, aber sie sind nicht aussagekräftig. Der Stuttgarter Flughafen hatte im Herbst ein Richtmikrofon der Firma Topsonic zunächst auf dem Flachdach des Rathauses in Baltmannsweiler und danach in Hohengehren aufgestellt, um die Lärmbelastung durch die Flugbewegungen im östlichen Flugkorridor des Airports zu messen.
Trotz anfänglicher Bedenken hatte der Gemeinderat im Sommer des vergangenen Jahres für die Messung gestimmt, als versichert worden war, dass das Projekt wiederholt werden könne, sollten die Ergebnisse nicht aussagekräftig sein. Tatsächlich waren in Corona-Zeiten im Messzeitraum deutlich weniger Flugzeuge unterwegs als in normalen Zeiten. Laut Aussagen des Flughafens gab es 2020 einen Rückgang um 74 Prozent bei den Fluggastzahlen und um 58 Prozent bei den Flugbewegungen. Nun heißt es: Der Flughafen habe Wort gehalten und in seiner Vorstellung der Ergebnisse angeboten, die Messung zu wiederholen, wenn beim Flugverkehr das Vorkrisenniveau wieder erreicht sei.
Im September, als das Hightech-Messgerät auf dem Rathaus in Baltmannsweiler stand, wurde tagsüber ein Mittelwert von 45 Dezibel ermittelt. Nachts lag der sogenannte Fluglärmdauerpegel durchschnittlich bei 37,5 Dezibel. Lärmspitzen von mehr als 70 Dezibel seien in Baltmannsweiler die Ausnahme, heißt es im Bericht des Flughafens. Zum Vergleich: Ein Auto verursacht im Stadtverkehr zwischen 65 und 80 Dezibel, ein Lastwagen bis zu 90 Dezibel. Insgesamt hat das Mikrofon im Zwei-Kilometer-Umkreis um die Messstation 1641 Flüge aufgezeichnet, 1295 davon haben mehr als 60 Dezibel erzeugt. „Demnach sind in Baltmannsweiler Überfluggeräusche wahrnehmbar“, stellt der Bericht fest. Eine Schädigung der Gesundheit könne allerdings ausgeschlossen werden, heißt es weiter. Der Vergleich zu den fest installierten Messstellen in Denkendorf und Berkheim zeige, dass es dort deutlich lauter sei.
Im November und Dezember zog das Messgerät nach Hohengehren um. Der Flughafen Stuttgart weist in seinem Bericht darauf hin, dass die Flugbewegungen durch den neuerlichen Lockdown im vergangenen Winter stark eingebrochen seien. Daher seien nur „sehr wenige Fluglärmereignisse“ aufgezeichnet worden. Eine genaue Zahl wird in dem Bericht nicht genannt. Die Ergebnisse seien „in keinster Weise repräsentativ beziehungsweise aussagekräftig“, heißt es in der Auswertung.
„Für uns ergibt sich daraus das Fazit, dass wir die Wiederholung der Messung einfordern“, sagte Bürgermeister Simon Schmid. Ebenso werde man darauf drängen, dass auf dem gesamten Gemeindegebiet erneut gemessen wird, nicht nur in Hohengehren. Trotz der erwartbar schlechten Ergebnisse sei es die richtige Entscheidung gewesen, die Messung trotz Corona durchführen zu lassen. „Wir haben Gehör geschenkt bekommen“, freute sich Schmid. Für eine Kommune, die keine direkte Anrainerin des Flughafens sei, sei das nicht selbstverständlich. „Wir haben jetzt einen Fuß in der Tür.“ Baltmannsweiler war im Sommer 2019 der interkommunalen Resolution gegen Fluglärm des Gemeindeverwaltungsverbandes Plochingen beigetreten, die unter anderem für mehr Lärmschutz eintritt.
Letztendlich sprach sich der Gemeinderat einstimmig dafür aus, beim Flughafen eine Wiederholung der Lärmmessung in beiden Ortsteilen zu fordern. In dem Gremium wurde erwogen, für Baltmannsweiler einen alternativen Messstandort zu wählen. Ein genauer Zeitpunkt steht noch nicht fest, die Messung soll stattfinden, sobald „die Flugbewegungen am Flughafen Stuttgart wieder steigen und annähernd Vorkrisenniveau erreichen“. the / Foto: Roberto Bulgrin