Frühmittelalterlicher Verhüttungsplatz in Dettingen aufgedeckt – Industrielle Eisenproduktion

Die Gemeinde Dettingen liegt auf geschichtsträchtigem Boden. Bereits in der Jungsteinzeit siedelten dort Menschen, und in römischer Zeit kam dem Gebiet mit der sogenannten Sibyllenspur, einer das Tal sperrenden Befestigungslinie, eine große Bedeutung zu. Funde aus alemannischer Zeit belegen eine fortdauernde Besiedlung. Mit der Aufdeckung eines frühmittelalterlichen Verhüttungsplatzes wurde nun ein bislang unbekanntes Kapitel der Ortsgeschichte aufgeschlagen.
Die rot-braun verfärbten Bodenschichten, die beim Abriss eines Hauses in der Hinteren Straße in Dettingen sichtbar wurden, weckten die Aufmerksamkeit von Mitgliedern des Geschichtsvereins Dettingen. Nach einer Begutachtung durch das Landesdenkmalamt wurde die Fläche bei einer archäologischen Grabung erkundet, und die förderte bislang Unbekanntes zur Ortsgeschichte zutage.
Auf der Erkundungsfläche fanden sich etwa 90 Tonnen Schlacke, die bei der Verhüttung von Eisenerz entstanden war. Etwa zehn Tonnen davon konnten auf die Zeit zwischen etwa dem sechsten und dem neunten Jahrhundert datiert werden. Die Menge ließ die Archäologen davon ausgehen, dass wahrscheinlich fünf Öfen im Einsatz waren. Der überwiegende Anteil an Eisenschlacken wurde dem Zeitraum zwischen dem neunten und dem zehnten Jahrhundert zugeordnet. Die Datierung wurde durch Funde von Keramik und einer Münze erleichtert, deren Prägezeit zu Anfang des zehnten Jahrhunderts recht genau eingegrenzt werden konnte. Zu der Zeit kamen drei Öfen zum Einsatz, die dank einer Weiterentwicklung der Verhüttungstechnologie größer als die bisherigen waren, viel höhere Temperaturen erzeugten und damit auch mehr Eisen produzierten.
Das Erz wurde am Käppele oberhalb von Dettingen gewonnen. Dort tritt wie im gesamten Albvorland der erzhaltige braune Jura beta zutage. Entlang von Bachläufen und in Taleinschnitten konnte das Gestein ohne großen Aufwand eingesammelt und zur Verhüttung gebracht werden. Die Waldgebiete ringsum lieferten die für die Schmelze benötigte Holzkohle.
Für Roland Krämer, den Vorsitzenden des Geschichtsvereins Dettingen, öffnet sich mit den Grabungsergebnissen ein bislang unbekanntes Kapitel der Ortsgeschichte. „Wir haben angenommen, dass sich die Besiedlung Dettingens auf die historische Ortsmitte konzentrierte. Es ist völlig neu, dass es bis zum Hochmittelalter außerhalb des damaligen Orts Siedlungsaktivitäten gab. Was wir noch nicht wissen ist, ob der Platz kontinuierlich genutzt wurde“, sagt er. Erstaunlich sei auch die Größe des Verhüttungsplatzes. „Wir können von einer Art industriellem Revier sprechen“, sagt Krämer. Hinzu käme die Jahrhunderte währende Nutzungszeit, die auch dadurch begründet sein könnte, dass alle Ressourcen, einschließlich der Wasserkraft der Lauter, vor Ort waren. Allerdings sei es mit einem Standort der Eisenindustrie moderner Prägung nicht vergleichbar. „Es fußte nicht auf Bergbau“, erklärt Krämer.
Da in näherer Zukunft im Gebiet der Hinteren Straße weitere Häuser abgerissen werden sollen, erwartet der Geschichtsverein weitere Einblicke in die Vergangenheit Dettingens. „Es wird gegraben, und wir werden vor Ort sein“, sagt Krämer. Die Erkenntnisse zum Verhüttungsplatz sollen im Mai oder Juni des kommenden Jahres bei einem Vortrag und einer Ausstellung repräsentativer Objekte vorgestellt werden. pst / Foto: Brigitte Krämer