Die Hitze und Trockenheit der vergangenen Monate haben der Landwirtschaft auch im Kreis Esslingen zugesetzt

Extrem heiß, extrem trocken, extrem anstrengend: Dieser Sommer mit seinen Rekordtemperaturen und der wochenlangen Trockenheit hat nicht nur vielen Menschen zugesetzt. Sondern auch der Landwirtschaft im Kreis Esslingen – wenn auch nicht überall in gleichem Maße. Besonders hart getroffen hat es feuchtigkeitsliebende Kulturen wie Kartoffeln. Auch bei manch anderem Gemüse wäre die Ernte ohne Bewässerung wohl ein Totalausfall gewesen.
Andreas Rapp, der auf seinem Weilerhof in Esslingen Gemüse und Wein anbaut, hat bei den Kartoffeln rund 30 Prozent Ernteausfall zu beklagen. Den Pflanzen habe schlicht das Wasser gefehlt, sagt der Landwirt. Dadurch seien die einzelnen Knollen klein geblieben und der Ertrag gering. Allerdings habe er die Kartoffelfelder auch nicht bewässert, denn das wäre zu aufwendig gewesen. Bei anderen Kulturen hingegen ist er ums Beregnen gar nicht herumgekommen, etwa beim Salat oder empfindlichen Gemüsesorten. „Die Pflanzen wären sonst sofort verdorrt.“ Dennoch seien angesichts des Wassermangels viele Kulturen auffällig klein geblieben, etwa Sellerie, Rosenkohl oder auch Kürbis. Im vergangenen Jahr habe er teils wochenlang nicht bewässern müssen, in diesem Sommer sei das bald alle drei Tage nötig gewesen.
Für Rapp ist das ganz klar ein Zeichen für den Klimawandel. „Wir merken einfach, dass solche Extreme häufiger werden“, sagt er. Damit müsse man umgehen. „Wir Landwirte arbeiten immer schon mit der Natur und müssen uns immer wieder neu arrangieren.“ Er überlege jetzt, ob es sinnvoll sei, die Kartoffeln früher im Jahr zu setzen, wenn Niederschläge wahrscheinlicher sind. Aber dann müssten sie vielleicht im Hochsommer bei Temperaturen jenseits der 30 Grad geerntet werden – auch nicht gerade ideal. Sicher aber müsse man sich künftig auf andere Sorten konzentrieren, die resistenter gegen Hitze und Trockenheit seien. Im Weinbau sehe man das deutlich: Während der heimische Trollinger inzwischen oft zu kämpfen habe, gedeihe etwa der Syrah mittlerweile prächtig.
Auch Tobias Briem, Vorsitzender des Esslinger Kreisbauernverbandes, spricht von einem sehr ungewöhnlichen Sommer: „Ohne Bewässerung wäre die Landwirtschaft in diesem Jahr nicht denkbar gewesen.“ Selbst der Kohl, der so tief wurzele, dass er eigentlich nie gegossen werden müsse, habe zusätzliches Wasser gebraucht, ebenso wie fast die gesamte Palette der Gemüsesorten. Generell habe wohl jeder hier unter der Trockenheit gelitten – aber je nach Standort in sehr unterschiedlichem Ausmaß.
Denn es habe durchaus Regen gegeben, allerdings nur sehr punktuell und eigentlich nur im Zusammenhang mit Gewittern. Dabei sei zwar teils recht viel Niederschlag heruntergekommen, aber in so kurzer Zeit, dass der Boden die Feuchtigkeit auf die Schnelle gar nicht habe aufnehmen können. Zudem seien die Unwetter so lokal begrenzt gewesen, dass die Bedingungen für die Landwirtschaft teils im Abstand von wenigen hundert Metern extrem unterschiedlich gewesen seien. So habe man in manchen Bereichen mit bis zu 50 Prozent Ernteausfall zu kämpfen, in anderen mit gar keinem. Das kann der Esslinger Landwirt Rapp nur bestätigen: „Wir haben dieses Jahr das Gefühl, der Regen vergisst uns: Er fällt entweder auf den Fildern oder im Remstal.“ Unterdessen habe der mehrtägige, flächendeckende Landregen, den die Pflanzen so dringend gebraucht hätten, komplett gefehlt, so Briem.
Der Mais sei wegen der Hitze rund drei Wochen früher geerntet worden als üblich – und weise teils deutliche Trockenschäden auf, was für diese robuste Kultur sehr ungewöhnlich sei. Beim Getreide wiederum liege die Erntemenge zwar nur geringfügig unter dem Durchschnitt früherer Jahre. Doch wegen der Trockenheit sei der Eiweißgehalt im Korn geringer und die Qualität damit schlechter.
Gleichwohl sei der Kreis Esslingen nach wie vor ein „Gunst-Standort“ im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands, etwa in Hessen oder Thüringen, betont Tobias Briem. Hier wachse alles noch deutlich üppiger als anderswo. Doch die Landwirte müssten sich darauf einstellen, immer mehr mit dem Klimawandel zu tun zu haben – und etwa mit dem Pflanzen hitzeresistenter Sorten vorbeugen.
meb / Foto: Roberto Bulgrin