Aus Angst vor einer Energiekrise erleben die Handwerker einen massiven Kundenandrang – und das im Sommer

Heizen wird immer teurer. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs steigen die Kosten für fossile Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas immer weiter. Auch die Preise für Brennholz sind bereits seit einigen Jahren auf Höhenflug. Neu ist die Sorge, ob Öl und Gas in der kommenden Heizsaison noch in ausreichender Menge zur Verfügung stehen werden. Viele Menschen sehen sich deshalb nach Alternativen um und wollen wieder mit Holz heizen. Die Ofenbauer im Kreis Esslingen erleben seit Wochen einen regelrechten Ansturm auf Einzelöfen, Heizkamine und Kachelöfen.
„Wir haben Geschäft ohne Ende“, berichtet Marius Kaselitz. „Alles, was schlecht ist, spielt uns momentan in die Karten“, ergänzt der Kirchheimer Ofenbauer, der einen Zwei-Mann-Betrieb führt und sich die große Nachfrage mit den hohen Heizölpreisen und der Sorge um den Gasnachschub erklärt. Viele wollten sich zur bestehenden Anlage eine alternative Heizquelle ins Haus stellen oder einen alten Kachelofen mit einem neuen Brenner auf den aktuellen Stand bringen, zumal die Bundesimmissionsschutzverordnung je nach Alter des Ofens einen Austausch bis spätestens 2024 verlangt.
Termine erst im Januar
Manche Betriebe waren in den vergangenen Wochen kaum noch zu erreichen. „Wir haben unser Telefon ganze Tage lang ausgeschaltet“, sagt ein Ofenbauer, der einen solchen Run zuletzt erlebte, als der Strom vor rund 20 Jahren so teuer wurde, dass sich viele Haushalte von ihren Elektrospeicheröfen trennen wollten. Die Auftragsbücher laufen über, Beratungstermine gibt es teils erst wieder im Januar, und vor dem Sommer 2023 ist an einen Einbau nicht zu denken, beschreibt Nicole Sohn vom Ofengeschäft Thiel in Dettingen die Lage. Das liegt auch an Lieferengpässen beispielsweise für Ofenstahl.
„Es frisst uns fast aus“, bestätigt auch eine Mitarbeiterin der Metzinger Leistra Kachelöfen und Kamine Gesellschaft, die eine Niederlassung in Nürtingen betreibt. Schon in den beiden Coronajahren sei der Wunsch nach einer Holz-Zusatzheizung spürbar gewachsen. „Man macht es sich zu Hause wieder schön. Die Kunden investieren in ihre Häuser“, berichtet die Beraterin und vermutet, manche Haushaltskassen seien gut gefüllt, da während der Pandemie Urlaubsreisen oft ausfallen mussten.
Ungeduldige und zum Teil sogar panische Kunden machen den Ofenbauern in der jüngsten Zeit das Leben schwer, ist aus Fachkreisen zu hören. Nicht jeder möchte seinen Namen in diesem Zusammenhang in der Zeitung lesen. Aber so mache die Arbeit keinen Spaß mehr, sagt etwa ein Fachmann, der ungenannt bleiben möchte. Mangels Zeit könne er seine Kunden nicht mehr so intensiv betreuen, wie es seine Aufgabe und die Liebe zum Beruf eigentlich erforderten.
Aber auch bei manchen Kundinnen und Kunden verfliegt die Begeisterung nach dem ersten Beratungsgespräch, denn die Anschaffung eines Kaminofens kann je nach Ausführung schnell einen fünfstelligen Betrag kosten. Es komme auf die jeweiligen baulichen und technischen Verhältnisse an, erklärt ein Ofenbauer. Häufig sei der Querschnitt eines alten Kamins nicht geeignet für einen modernen Ofen, dann müsse nachgerüstet oder der Kamin verlängert werden.
Im Gegensatz zu anderen Kommunen dürfen in Esslingen Einzelöfen und sogenannte Komfortöfen, die zusätzlich zu einer Heizung eingesetzt werden, übrigens nur zeitlich begrenzt genutzt werden. Die Brennstoffverordnung erlaubt den Betrieb maximal fünf Stunden an höchstens acht Tagen im Monat – und das nur auf Antrag. Begründet wird die Einschränkung mit „häufig auftretenden austauscharmen Wetterlagen“ und damit verbundenen „lufthygienischen Problemen“, die mit der topografischen Situation im Neckartal einhergehen.
Verordnung beschränkt
Einzelne Bürgerinnen und Bürger vor allem in den Hanglagen beklagten sich regelmäßig über Geruchsbelästigungen, die von unterhalb liegenden Heizungen ausgehen. „Einige haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen“, heißt es seitens der Stadt. Das liest sich in der Verordnung so: „Es ist nicht erwünscht, dass Einzelöfen, die nicht vorrangig der Wärmeversorgung dienen, dauerhaft betrieben werden, da die Belastung der angrenzenden Bewohnerinnen und Bewohner in keinem Verhältnis zum Nutzen solcher Öfen steht.“
Entsprechend hellhörig reagiert auch der Fachverband: „Ich empfehle schon im Vorfeld, das Projekt frühzeitig mit dem zuständigen Schornsteinfeger zu besprechen. So können die baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Aspekte geklärt werden, um Rauchbelästigungen der Nachbarschaft zu vermeiden“, erklärt Walter Baum. „Die Leute sollen sicher heizen können“, betont der Obermeister der Schornsteinfegerinnung in Stuttgart. Viele Kundinnen und Kunden reagierten sensibel auf die veränderte Energiesituation und erinnerten sich jetzt an die wohlige Wärme, die ein Holzofen verströmt. Und immerhin können man sich mit einer Zusatzheizung „eine Zeit lang auf das Notwendige beschränken“.
com / Fotograf: dpa