Abgestimmt

Nach der Landtagswahl gibt es drei Optionen der Regierungsbildung.
Was meinen Sie, sollte die CDU als Juniorpartner mit den Grünen
eine Koalition eingehen?

Die Spitzenkandidaten der Parteien SPD (Nils Schmid,l) Grüne, Winfried Kretschmann (2.v.l), CDU, Guido Wolf (2.v.r.) und AfD, Jörg Meuthen, stehen am 13.03.2016 in Stuttgart (Baden-Württemberg) im Fernsehstudio und kommentieren die Ergebnisse der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa

Grün-Schwarz?

  • Ja! (56% )
  • Nein! (44% )
Loading ... Loading ...


Knappes Rennen

Am 13. März ist Landtagswahl – Wähler haben nur eine Stimme zu vergeben

ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Stimmzettel zur baden-württembergischen Landtagswahl 2016 wird am 08.02.2016 in Stuttgart (Baden-Württemberg) vor den Landtag von Baden-Württemberg gehalten. Foto: Franziska Kraufmann/dpa (zu lsw Wahlpaket vom 07.03.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Der Wahlsonntag verspricht spannend zu werden. Schenkt man den Demoskopen Glauben, wird die Regierungsbildung nach der Landtagswahl am 13. März schwierig. Nachdem Grün-Rot vor fünf Jahren die jahrzehntelange Regentschaft unter CDU-Führung in Baden-Württemberg beendet hat, liegen laut Umfragen die Grünen in der Wählergunst sogar vor der CDU. Bislang sind vier Fraktionen im Landtag vertreten. Doch auch der Wahlkampf im Südwesten wird von der Flüchtlingskrise geprägt, das könnte einem neuen Spieler auf dem politischen Parkett zum Erfolg verhelfen: Der AfD wird allseits der Einzug ins Parlament vorhergesagt. Die anderen Parteien schließen Koalitionen mit den Rechtsaußen allerdings aus. So ist es für Grün-Rot ungewiss, ob es zu einer Regierungsmehrheit reicht. Für Schwarz-Gelb – der FDP wird der erneute Einzug ins Parlament prognostiziert – scheint diese ausgeschlossen. Die Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien sind Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Guido Wolf (CDU), Nils Schmid (SPD) und Hans-Ulrich Rülke (FDP). Die AfD schickt Jörg Meuthen, die Linke Bernd Riexinger ins Rennen.

Entgegen den Regeln zur Bundestagswahl hat der Wähler auf Landesebene nur eine Stimme zu vergeben: die für den jeweils favorisierten Kandidaten im Wahlkreis. Von den ungefähr 120 Sitzen im Landtag fallen diesen direkt gewählten Parlamentariern 70 Mandate zu. Insgesamt werden die Sitze entsprechend des prozentualen Stimmenanteils der Parteien vergeben. Erhält eine Partei – wie in der Vergangenheit sehr häufig die CDU – mehr Direktmandate, als ihr nach dem Stimmenanteil zustehen, werden Überhang- und Ausgleichsmandate vergeben. In diesem Fall ziehen mehr als 120 Parlamentarier in den Landtag ein. Auch im Land gilt die Fünf-Prozent-Hürde, damit eine Partei ins Parlament einzieht. Zur Wahl aufgerufen sind 7,7 Millionen Menschen ab dem Alter von 18 Jahren.

Kompliziert wird es, weil die Sitze nach dem Prozentanteil in den vier Regierungsbezirken vergeben werden. Landeslisten, wie bei Bundestagswahlen, gibt es nicht. Das heißt, hat ein Kandidat das Direktmandat verfehlt, bleibt ihm die Chance auf ein Zweitmandat: Den Wahlkreiskandidaten jeder Partei, die je Regierungsbezirk die höchsten prozentualen Stimmenanteile erzielen, werden entsprechend des Parteienanteils Mandate zugewiesen.

Der Landkreis Esslingen ist in die Wahlkreise Esslingen, Kirchheim und Nürtingen aufgeteilt. In allen drei treten CDU, Grüne, SPD, FDP, Linke, AfD, Piraten, REP, Alfa, ÖDP und NPD an, in Esslingen und Nürtingen zudem „Die Partei“, in Kirchheim kommen die Tierschutzpartei und ein Einzelbewerber hinzu. Die Wahllokale sind am Sonntag von 8 bis 18 Uhr geöffnet.

Am 13. März wird in Baden-Württemberg zum 16. Mal der Landtag gewählt. Mit der konstituierenden Sitzung ist dann auch die Zeit des Übergangsquartiers im Stuttgarter Kunstgebäude zu Ende. Nach der Sanierung ziehen die Parlamentarier dann wieder ins angestammte Domizil, ins Landtagsgebäude, ein.
ch / Foto: dpa


Betrieb wie in der Großfamilie

Tageseltern bieten flexible Betreuung – Großer bürokratischer Aufwand – Förderung in allen Kommunen des Landkreises

Betrieb wie in der Großfamilie1

Sylvia Rauch, Ochsenwang, und Tageskind Charlie
Sylvia Rauch, Ochsenwang, und Tageskind Charlie

Bei Tageseltern werden Kinder auch früh morgens, in den Abendstunden oder am Wochenende betreut. Viele Eltern greifen deshalb auf die Tagespflege zurück, während viele Kommunen sie brauchen, um ausreichend Betreuungsplätze nachzuweisen. Mittlerweile fördern alle 44 Gemeinden im Kreis Esslingen, ebenso wie der Landkreis selbst, die Betreuung durch Tagesmütter und Tagesväter. Das hat deren Situation verbessert. Aber im Detail steckt noch manche Tücke.

Sylvia Rauch hat regelmäßig Frühstücksgäste. „Da ist dann auf einen Schlag Leben im Haus“, sagt die Tagesmutter aus Ochsenwang. Eine ganze Reihe von Kindern überbrückt bei ihr die Zeit bis zum Kindergartenbeginn oder Schulbus. Andere verbringen die Mittagsschließzeit des Kindergartens bei Familie Rauch, wieder andere sind über längere Zeit am Tag da. „Das ist ein großes Kommen und Gehen“, sagt Sylvia Rauch, die in den vergangenen sieben Jahren insgesamt 22 Tageskinder betreut und selbst zwei Kinder im Alter von sieben und neun Jahren hat.

Lange war Tagespflege vor allem für Kleinkinder gefragt. Seit einiger Zeit wird sie auch für ältere Kinder als Ergänzung zur Kita oder Schule immer wichtiger. „Wir haben eine große Nachfrage nach Randzeiten“, sagt Sibylle Schober, die Geschäftsführerin des Tageselternvereins Kreis Esslingen. Wenn Eltern schichten, wenn sie abends oder am Wochenende arbeiten, reichen die institutionellen Angebote nicht aus. Tageseltern sind hier unschlagbar flexibel. Das kommt ihnen selbst nur begrenzt zugute, denn die baden-württembergische Verwaltungsvorschrift für die Tagespflege schreibt vor: Maximal fünf Kinder dürfen gleichzeitig betreut werden, maximal acht Verträge dürfen Tageseltern insgesamt abschließen. Wenn Kinder nur eine Stunde am Tag oder nur zwei Wochen in den Ferien kommen, blockieren sie folglich einen kompletten Platz. Das gehe am Alltag vorbei, sagt Sylvia Rauch. Nur fünf Kinder gleichzeitig, das kann sie halbwegs nachvollziehen. „Aber warum darf ich nur acht Verträge haben?“

Der Tageselternverein Esslingen arbeitet seit langem daran, die Situation der Tageseltern zu verbessern. So wurde eine Vereinbarung mit dem Landkreis erreicht: Dieser garantiert eine Entlohnung von 5,50 Euro pro Kind und Stunde und übernimmt die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge. Deren andere Hälfte soll einer Empfehlung zufolge die Kommune tragen, in der das betreute Kind wohnt. Seit kurzem hat sich mit Ohmden die letzte Gemeinde im Landkreis dieser Regelung angeschlossen. Mancherorts kommt die Gemeinde auch für Urlaubs- und Krankheitstage auf, die Tagesmütter können dort entsprechende Fehlzeiten dokumentieren und deren Ausgleich beantragen. Das ist allerdings ganz unterschiedlich. Wenn Tageseltern Kinder aus verschiedenen Gemeinden betreuen, müssen sie sich – da der Wohnort des Kindes zählt – mit den jeweiligen Regelungen und Ansprechpersonen auseinandersetzen.

Den Grundbetrag von 5,50 Euro bekommen sie dagegen vom Esslinger Landratsamt, das seinerseits wieder mit den Eltern abrechnet. Für eine mögliche Ausstattungspauschale für Kinder unter drei Jahren ist wiederum das Land zuständig. „Die Krux ist, dass die selbstständige Tagespflegeperson ganz unterschiedliche Ansprechpartner hat“, sagt Sibylle Schober. Sylvia Rauch erlebt das als enormen bürokratischen Aufwand, sehr viel Zeit müsse sie mit Papieren verbringen.

Das kann die 45-Jährige mit niemandem abrechnen, ebenso wenig wie die Elternarbeit. „Jede Betreuung hat Vorlauf“, sagt sie, und auch später stünden immer wieder Elterngespräche an. Schließlich haben Tageseltern wie Erzieherinnen einen Bildungsauftrag und beobachten die Entwicklung ihrer Schützlinge: „Das wird bisher überhaupt nicht bezahlt“. aia / Foto oben: Tageselternverein, Foto unten: aia


Abgestimmt

Gianni Infantino ist zum neuen FIFA-Präsidenten gewählt worden.
Was meinen Sie, schafft es der Schweizer, den Fußball-Weltverband
zu reformieren und den Korruptionssumpf dort auszutrocknen?

epa05182545 Gianni Infantino of Switzerland, new FIFA President, during a press conference after being elected as new FIFA President at the Extraordinary FIFA Congress 2016 at the Hallenstadion in Zurich, Switzerland, 26 February 2016. EPA/ENNIO LEANZA +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa

Schafft es Infantino?

  • Ja! (100% )
  • Nein! (0% )
Loading ... Loading ...


„Mehrsprachige Kinder sind im Vorteil“

Am 5. März ist Europäischer Tag der Logopädie: Interview mit Evelyn Knape, zweite Vorsitzende des Landesverbands der Logopäden

Mehrsprachige Kinder sind im Vorteil

Mama, was ist Bilingualismus?“ „Go, ask your Dad.“ Dieser Dialog beschreibt ganz gut das Phänomen der Zwei- oder Mehrsprachigkeit. Letzteres hat sich der Deutsche Bundesverband der Logopädie (dbl) zum Hauptthema des Europäischen Tags der Logopädie gemacht. Das Wochenblatt ECHO hat sich mit Evelyn Knape, der zweiten Landesvorsitzenden der Logopäden in Baden-Württemberg über Mehrsprachigkeit, Spracherwerb und darüber, wie Flüchtlingskinder die deutsche Sprache lernen, unterhalten.

 

Das Thema des Europäischen Tages der Logopädie 2016 ist die Mehrsprachigkeit. Was versteht man unter diesem Begriff?

Knape: Mehrsprachig ist eine Person, die regelmäßig mehr als eine Sprache aktiv oder passiv in ihrem Alltag nutzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Sprachen „gut“ beherrscht und aktiv gesprochen werden.

 

Sind mehrsprachige Kinder im Vorteil oder im Nachteil?

Knape: Kinder, die zwei oder mehr Sprachen beherrschen, sind klar im Vorteil: Zum einen, weil sie durch das Erlernen mehrerer Sprachen ihr Gehirn trainieren. Zum anderen, weil sie in einer globalisierten Welt später im Beruf Vorteile haben werden.

 

Kann man zwei Sprachen gleich gut sprechen?

Knape: Das ist durchaus möglich – auch mehr als zwei Sprachen. Entscheidend ist das richtige Sprachangebot – also vor allem gute Sprachvorbilder und viel Kommunikation in den entsprechenden Sprachen. Auch das Alter, in dem die Kinder mit den Sprachen in Kontakt kommen, spielt eine Rolle. Allerdings entscheiden die Kinder selbst, welche der Sprachen sie wie intensiv nutzen.

 

Angesichts der vielen Flüchtlinge in Deutschland ist das Thema Mehrsprachigkeit derzeit hochaktuell. Wie lernen Kinder überhaupt Sprache?

Knape: Kinder lernen ihre Muttersprache vor allem durch Beobachtung und Nachahmung. Sie achten auf Blicke, Körperhaltung, Handbewegungen, Gestik und Mimik ihrer Eltern, imitieren diese und verknüpfen sie allmählich mit dem, was die Eltern an Sprache dazu anbieten. Eltern unterstützen ihr Kind beim Spracherwerb meist intuitiv richtig und achten ihrerseits auf dieselben Dinge: Sie erzählen, was sie gerade tun und verbalisieren, was sie verstanden haben. Etwa mit zwölf Monaten beginnen die meisten Kinder, die ersten Wörter zu sprechen.

 

Und wie lernen die Flüchtlingskinder die neue Sprache?

Knape: Mehrsprachige Kinder, also auch Flüchtlingskinder, brauchen zunächst einmal Zeit, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden. Die meisten von ihnen werden nach etwa einem Jahr mit der zunächst fremden Sprachumgebung ganz gut klarkommen. Zu Beginn werden sie sich auf die inhaltlich wichtigen Sprachbausteine wie Nomen und Verben konzentrieren. Andere Wortarten wie Artikel, Pronomen werden erst später hinzukommen, da sie für die Alltagskommunikation zunächst nicht gar so wichtig sind.

 

Wie können Eltern, Erzieher und ehrenamtliche Helfer den Spracherwerb von Flüchtlingskindern unterstützen?

Knape: Die Eltern sollten mit ihren Kindern weiter in ihrer Muttersprache beziehungsweise in der Sprache sprechen, die sie am besten beherrschen. Gleichzeitig sollten sie aber auch bemüht sein, selbst Deutsch zu lernen. So zeigen sie ihrem Kind, dass es wichtig ist, die Sprache des neuen Landes zu lernen. Darüber hinaus brauchen diese Kinder viel Kontakt und Kommunikation mit Menschen, die die deutsche Sprache gut beherrschen, zum Beispiel im Kindergarten, in der Schule oder auch auf dem Spielplatz. Ob Zuhause in der Erstsprache oder in der deutschsprachigen Kita beziehungsweise Schule: Notwendig ist ein „sprachreicher“ Alltag mit guten Sprachvorbildern. Medien wie Fernsehen, Hörbücher und Ähnliches können diesen nicht ersetzen.

 

Woran erkennt man, ob ein Kind eine Sprachentwicklungsstörung hat oder nur mehr Zeit beim Spracherwerb braucht?

Knape: Grundsätzlich ist uns die Fähigkeit, sprechen zu lernen, von Geburt an mitgegeben. Wie schnell die Sprachentwicklung verläuft, ist individuell durchaus unterschiedlich. Eine Orientierung bietet jedoch die Erfahrung, dass die meisten Kinder mit zwei Jahren etwa 50 Wörter produzieren und auch schon zwei Wörter zu kurzen Sätzen aneinanderreihen können – „Ball weg“, „Papa da“. Wenn Eltern das Gefühl haben, dass ihr Kind hiervon noch weit entfernt ist, sollte der Kinderarzt aufgesucht werden. Dies gilt übrigens auch, wenn das Kind in den ersten Lebensmonaten nicht auf Geräusche reagiert oder ab dem ersten Geburtstag keine Lall-Laute erzeugt.

 

Wie hängen Sprechen, Lesen und Schreiben zusammen?

Knape: Das Lesen- und Schreibenlernen baut auf das Sprechen auf. Wenn ein Kind seine Muttersprache beziehungsweise die in der Schule gesprochene Sprache nicht oder nur unzureichend beherrscht, wird es große Probleme haben, richtig lesen und schreiben zu lernen.

 

Welchen Stellenwert hat die Logopädie bei der Integration von Flüchtlingen?

Knape: Die Aufgabe der Logopädie liegt nicht darin, Kindern von Flüchtlingen die deutsche Sprache zu vermitteln. Gerne helfen Logopädinnen und Logopäden aber mit, Wissen über die Themen Mehrsprachigkeit und Sprachentwicklung in der Gesellschaft zu verbreiten und auf die große Bedeutung der Sprachentwicklung – gerade bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern – aufmerksam zu machen.  bob / Foto: dbl

 

Info: Originäre Aufgabe der Logopädie ist es, dafür Sorge zu tragen, dass alle Kinder die Chance haben, ihre Sprache(n) zu entwickeln. Dazu ist es notwendig, Probleme ausfindig zu machen, die einem physiologischen Spracherwerb im Wege stehen. Die Kinder mit Hör-, Sprachentwicklungs- oder Aussprachestörungen benötigen logopädische Therapie, um ihre Sprache(n) möglichst effizient lernen zu können. Das Wort Logopädie kommt aus dem Griechischen und bedeutet ursprünglich wörtlich „Sprecherziehung“. Heute bezeichnet der Begriff die Fachdisziplin, die Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- oder Hörbeeinträchtigung zum Gegenstand hat. Die Logopädie beschäftigt sich mit Prävention, Beratung, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, Lehre und Forschung auf den Gebieten der Stimme, des Sprechens, der Sprache sowie des Schluckens. Am 6. März zwischen 17 bis 20 Uhr beantworten Experten des Bundesverbands für Logopädie Fragen zum Thema Mehrsprachigkeit unter der Hotline  0 18 05/35 35 32.


Abgestimmt

Die 17-jährige Jamie-Lee Kriewitz vertritt am
18. Mai Deutschland auf dem Eurovision Song Contest
in Stockholm. Was glauben Sie, hat Deutschland mit ihr Titelchancen?

Die Sängerin Jamie-Lee Kriewitz jubelt am 25.02.2016 über ihren Sieg beim Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC) in Köln (Nordrhein-Westfalen). Foto: Henning Kaiser/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa

Chancen mit Jamie-Lee?

  • Ja! (75% )
  • Nein! (25% )
Loading ... Loading ...


118 000 Tassen Tee pro Sekunde

Camellia Sinensis wird zum Kultgetränk – Grüner Tee boomt – Zuweilen Belastungen durch Pestizide – Matcha-Tee in aller Munde

118 000 Tassen Tee pro Sekunde(1)  Teesorten Ronnefeldt

Ob ich morgen leben werde, weiß ich freilich nicht. Aber dass ich, wenn ich morgen lebe, Tee trinken werde, weiß ich gewiss“, sagte Gotthold Ephraim Lessing. Es ist nicht bekannt, welche Sorte er bevorzugte, aber wahrscheinlich kam sein Tee aus den klassischen Anbaugebieten Chinas: Anhui, Fujian und Yunnan. Tee stellt für viele Menschen ein unverzichtbares Getränk dar und so wird er auf der ganzen Welt angebaut und jeden Tag irgendwo geerntet. Wie ein grüner Gürtel schließt sich der Teeanbau um den Globus: Auf den Azoren, in der Schweiz, in England und in Neuseeland wird Camellia Sinensis angebaut, wenngleich auf recht kleinen Flächen.

Grün, weiß, schwarz – Tee schmeckt je nach Region, Verarbeitung und Reifegrad anders. Mittlerweile ist es das meistgetrunkene Getränk der Welt. Oder anders ausgedrückt: Jede Sekunde werden auf der Welt 118 000 Tassen Tee getrunken.

Teeläden vor Ort spüren diesen Trend. „Die Kunden sind gut informiert und haben ganz bestimmte Vorstellungen von ihrem Produkt“, sagt Angelika Reichle. Sie ist seit Jahrzehnten überzeugte Teetrinkerin und leitet gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Teegeschäft in Kirchheim. „Vor allem der Gesundheitsaspekt beim Grüntee interessiert die Leute“, sagt Reichle. Studien deuten positive Wirkungen des unfermentierten grünen Tees bei Herz- oder auch Krebserkrankungen an, besonders der japanische Sencha Gyokura mit seinem hohen Gehalt an Catechinen, denen antivirale, antibakterielle und sogar antikanzerogene Eigenschaften nachgesagt werden, wird genannt.

Doch der Geschmack von Grüntee ist gewöhnungsbedürftig. Fachfrau Reichle rät dazu, nicht gleich aufzugeben und sich langsam an das leicht grasige Aroma zu gewöhnen, indem man anfangs einen anderen aromatisierten Tee dazu mischt. „Auch der Tasse ein paar Früchte zuzugeben hilft“, gibt Reichle ihr Rezept für Grüntee-Anfänger weiter.

Auch ein großes Thema bei Teetrinkern ist die Belastung der Pflanze mit Pestiziden. „Die meisten Kunden fragen danach“, erklärt Margit Grüber, die „Tee Gschwendner“ in Esslingen führt. Der Filialist bereitet laut Grüber ständig aktuelle Infoblätter vor, die Kunden über Belastungen informieren. Gschwendner untersucht Chargen im eigenen Labor und nimmt schon mal eine Sorte aus dem Verkauf.

„Jasmintee zum Beispiel ist zur Zeit nicht einwandfrei zu bekommen“, sagt Grüber. Sie setzt wie ihre Kollegin aus Kirchheim auf Handelspartnerschaften mit Einzelimporteuren, die sich nur auf Tee konzentrieren. Grüber will keine Panik aufkommen lassen: „Tests auf Rückstände werden für gewöhnlich am trockenen ganzen Blatt durchgeführt“, sagt sie. Im Aufguss verblieben dann lediglich rund 20 Prozent der Belastung.

Beide Teehändlerinnen haben die Erfahrung gemacht, dass die Fragen nach Rückständen mehr im Fokus stehen als das Thema Produktionsbedingungen in den Herkunftsländern. Sibylle Enderle erlebt das anders. „Für unsere Kunden sind Genuss und Produktionsbedingungen gleichermaßen Kaufmotivation“, sagt die Geschäftsführerin des Weltladens in Esslingen. Ausschließlich Bio-Qualitäten und fair gehandelte Ware stehen dort in den Regalen.

Wie kann man noch sicher sein, ein ordentliches Produkt zu bekommen? „Im Fachhandel“, sagen Reichle, Grüber und Enderle unisono. Dort könne man jederzeit nach Hintergrundinformationen fragen.

Im Deutschen Teeverband in Hamburg beobachtet man das wachsende Interesse am Tee sehr erfreut. „Tee wird mehr und mehr zum Kultgetränk, das auch jüngere Menschen anspricht“, sagt Verbandssprecherin Anne Lehmbrock. „Einen besonderen Hype erleben gerade Fancy-Tees wie Chai-Puccino – Tee mit aufgeschlagener Milch – oder Matcha Latte. Aber auch Klassiker wie English Breakfast Tee oder Ostfriesische Mischung erhalten mehr Aufmerksamkeit“, so Lehmbrock. Sie fügt hinzu: „Wir registrieren in den Metropolen der Welt trendige Locations, die Tees anbieten, wie chillige Tea-Lounges oder Nobel-Hotels mit ihren Five-o-Clock-Teas.“

Lehmbrock sieht das gewachsene Bedürfnis der Menschen nach Ruhe und Entschleunigung als Grund für das Tee-Revival. Auch die Bereitschaft, für ein edles Produkt mehr Geld auszugeben, steigt. „Da gehen schon mal 25 Euro für 100 Gramm über den Ladentisch“, schildert Grüber. So wie man sich zum Geburtstag oder zu einem Feiertag einen teuren Champagner leiste. Die hohen Preise seien durch die gleichen Kriterien wie beim Wein bedingt: „Solche Tees beziehen wir von kleinen Teegärten, die kleine, aber ausgelesene Mengen produzieren.“ In ist derzeit der japanische Matcha-Tee, der sehr gesund sein soll. Das feine giftgrüne Pulver entsteht, wenn das Teeblatt gemahlen wird. Das ist jedoch nichts für die schnelle Tasse: Zur richtigen Zubereitung gehören Zeit, ein Schneebesen und ein lockeres Handgelenk. Und die Lust, für Spitzenprodukte Spitzenpreise zu zahlen.               bob / Fotos: Deutscher Teeverband

 

Info: www.teeverband.de


Abgestimmt

Supermärkte sollen unverkaufte aber noch gute Lebensmittel
nicht mehr wegwerfen, fordern Verbraucherschützer.
Sie sollen die Lebensmittel weitergeben. Ist das ein guter Vorschlag?

ARCHIV - Bio-Gemüse liegt am 29.07.2015 in Filderstadt (Baden-Württemberg) auf einem Tisch im Bioland-Gemüsehof Hörz. Foto: Daniel Naupold/dpa (Zu dpa "Markt mit Bio-Lebensmitteln im Vorjahr um 11 Prozent gewachsen" vom 10.02.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa

Wegwerfverbot?

  • Ja! (88% )
  • Nein! (13% )
Loading ... Loading ...


Zu wenig Geld fürs Schwein

Viele Schweinemastbetriebe hören auf – Lang anhaltende Tiefpreisphase – Auch Hofläden sind keine Patentlösung


Bis Anfang März werden die letzten Schweine verkauft und der Stall des Waldhofes am Esslinger Jägerhaus leer sein. Landwirt Marcel Merz beendet die Schweinemast. „Wenn wir noch davon leben könnten, würden wir weitermachen“, sagt er. Auch viele seiner Kollegen kämpfen ums Überleben ihres Betriebs oder machen dicht, denn seit Jahren fallen die Preise immer weiter. „Wir sind in einem absoluten Preistief“, bestätigt Reinhold Klaiber, der Leiter des Kreis-Landwirtschaftsamtes. „Die Betriebe legen seit zwei Jahren komplett drauf.“ Um 1,30 Euro bekommen die Landwirte derzeit pro Kilo Schlachtgewicht. Auskömmlich wären 1,70 bis 1,80 Euro.

Landwirt Thomas Klein von den Erlenhöfen, zwischen Wernau und Wendlingen gelegen, rechnet vor, warum derzeit nichts für den Bauern bleibt: Ein durchschnittliches Schwein mit rund 100 Kilo Schlachtgewicht bringe um die 125 Euro. Wenn er 60 Euro fürs Ferkel und rund 60 Euro fürs Futter ausgebe, sei der Gewinn schon so gut wie dahin – und Wasser, Strom, Gebäudekosten oder Arbeitszeit sind noch gar nicht berücksichtigt. Bei Klein stehen im Schnitt rund 800 Schweine im Stall. Dass er sich noch halten kann, führt der Bauer auf zwei Aspekte zurück: Er baut das Futter für die Tiere selbst an und verringert damit die Kosten. Und er hat zusätzlich zum Verkauf an Regionalschlachthöfe, der etwa die Hälfte ausmacht, „andere Vermarktungsschienen“. So beliefert er eine Filialmetzgerei, die für regional erzeugtes Fleisch einen höheren Preis zahlt. Außerdem schlachten Kleins selbst und verkaufen das Fleisch und die Wurst in ihrem Hofladen. Dass die Direktvermarktung die Bauern retten kann, bezweifelt der Landwirt dennoch: Sie mache in seinem Fall nicht einmal zehn Prozent des Umsatzes aus, abgesehen von den Auflagen und Investitionen. Und die ganze Familie sei im Hofladen, im Partyraum und beim Partyservice eingespannt. Die Leute seien zwar schockiert, wenn sie Filme von Tiertransporten im Fernsehen sähen, sagt Klein. Aber letztlich nähmen sie doch das Sonderangebot im Supermarkt oder das Billigfleisch aus dem Discounter, anstatt gezielt einen Hofladen anzusteuern.

Die Initiative Tierwohl des Lebensmitteleinzelhandels sehen die Landwirte ebenfalls skeptisch. Zwar verspricht sie Bauern bei Einhaltung bestimmter Kriterien mehr Geld. Allerdings wisse kein Landwirt, ob er tatsächlich ins Programm reinkomme und wie lange die zugesagten Preise gälten, sagt Marcel Merz. Wie solle man da in bessere Bedingungen investieren?

Gemäß der Theorie vom „Schweinezyklus“ durchläuft der Fleischpreis im drei- bis vierjährigen Rhythmus Hoch- und Tiefpreisphasen. Aber das gelte so auch nicht mehr, hat Merz festgestellt: „Ich warte schon sechs Jahre drauf, dass es aufwärts geht.“ Die Preisspitzen würden immer kürzer und die Preistäler immer länger. Er hat deshalb die Reißleine gezogen und ist derzeit am Abverkauf der letzten Schweine. Als Alternative hat die Familie einen Hühnerhof übernommen und möchte die Eier direkt vermarkten – unter anderem über ihre fünf Eier-Automaten. Ausbauen will Merz auch die Zucht von Wagyu-Rindern. Wenn beides nicht so laufe wie erhofft, müsse er sich eine Anstellung suchen, sagt Merz, „aber in einer anderen Branche“.

Reinhold Klaiber vom Landwirtschaftsamt bestätigt, dass zahlreiche Betriebe ihre Bestände verringern oder ganz aufhören. Grob gerechnet halbiere sich alle zehn Jahre die Zahl der Schweinemäster. Waren es laut dem Statistischen Landesamt im Kreis Esslingen 1999 noch 146 Schweinemast-Betriebe, blieben 2010 nur 64. Inzwischen sind es noch deutlich weniger. Manche Höfe versuchen mit zusätzlichen Standbeinen wie Ackerbau, Pensionspferden oder Biogasanlage zu bestehen.

Bio-Höfe bekommen etwa drei Mal so viel fürs Kilo Mastschwein wie konventionelle Erzeuger, haben allerdings auch höhere Kosten: Schon das Ferkel koste das Dreifache, sagt Walter Alber vom Biolandhof in Aichtal, auch das Futter sei teurer und die Aufzucht daure länger. Trotzdem sei man vom Preisverfall nicht ganz so stark betroffen. Als Patentlösung sieht er die Umstellung auf Bio nicht. Sie brauche zeitlichen Vorlauf und müsse für den ganzen Betrieb, nicht nur für einen Bereich, erfolgen. Und nicht zuletzt müsse auch der Markt für so viel – naturgemäß teureres – Bio-Schweinefleisch da sein.     aia / Foto: aia


Abgestimmt

Nach wie vor ist die Zahl der auf deutschen Straßen verkehrenden
Elektroautos sehr gering. Um die Nachfrage anzukurbeln, wird über
eine Kaufprämie nachgedacht. Macht das Sinn?

Foto: dpa

Kaufprämie für Stromer?

  • Ja! (60% )
  • Nein! (40% )
Loading ... Loading ...