Abgestimmt

Ein ausgebüxter Zirkuselefant hat einen Menschen getötet. Tierschützer fordern,
Löwen, Bären und Elefanten im Zirkus zu verbieten, da sie nicht artgerecht lebten.
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Großtiere verbieten?

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Abgehärtet ins Abenteuer des Lebens

Zwei Schwimmer aus Ludwigsburg wollen (fast) den ganzen Neckar bezwingen – Etappenziele sind auch Neckarhausen und Esslingen

Mehr als 360 Kilometer ist er lang, der Neckar, von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein. Volker Heyn und Martin Tschepe sehen dies als Herausforderung und starten am Samstag, 13. Juni, zum Abenteuer ihres Lebens. Die beiden Ludwigsburger wollen den schwimmbaren Teil des Flusses, das sind etwa 300 Kilometer, innerhalb von zehn Tagen bezwingen. Etappenziele sind unter anderem Neckarhausen und Esslingen. Mit der Aktion wollen die beiden Sportler zudem Geld für ein Schwimmprojekt für behinderte Menschen sammeln, das „Bahn9“ betitelt ist.

Der 43-jährige Heyn und der 50 Jahre alte Tschepe werden als „Urgesteine“ des Schwimmvereins Ludwigsburg (SVL) beschrieben. „Aus einer Schnapsidee wird jetzt Ernst“, sagt  Tschepe. Der Redakteur der „Stuttgarter Zeitung“ und sein Trainingspartner, der Architekt und SVL-Vorsitzende Heyn, reden schon lange über das Vorhaben. Nun wollen sie den gesamten Neckar schwimmend bezwingen. Zumindest fast. Denn gestartet wird zwar am Samstag bei der Neckarquelle in Schwenningen. Weil der Fluss in Schwenningen aber kaum mehr als ein Rinnsal ist, müssen die beiden Kumpel die ersten rund 60 Kilometer auf dem Rad zurücklegen. Am Freitagabend wollen Heyn und Tschepe in dem kleinen Tümpel bei der Quelle einen symbolischen Start hinlegen. Dort können die beiden Extremschwimmer aber kaum mehr als 50 Meter kraulen.

Dann aber stehen deutlich längere Distanzen auf dem Programm. Durchschnittlich sind täglich rund 30 Kilometer geplant, etwa acht Stunden werden sie jeden Tag im Wasser sein – mit kleinen Pausen. Essen, schwimmen, essen, schwimmen, essen, schwimmen, essen, schlafen – so ähnlich sieht der Tagesablauf aus. Die beiden ziehen ihr Gepäck in wasserdichten Säcken hinter sich her. Eine Begleitmannschaft gibt es nicht. Die 27 Schleusen auf der Strecke müssen Tschepe und Heyn zwar umlaufen. Alle anderen Abschnitte hingegen sollen möglichst geschwommen werden. Am Abend des 16. Juni wollen sie in Neckarhausen Station machen, am 17. Juni kommen sie dann in Esslingen an. Die Langstreckenschwimmer kommen an den Etappenzielorten überwiegend bei Privatleuten unter. Ein Sponsor will zwar die Übernachtungskosten in Pensionen oder Hotels tragen. „Wer uns aufnimmt, der spendet also indirekt“, sagt Tschepe. Denn übrig bleibende Sponsorengelder werden für das Behindertenschwimmprojekt verwendet.

Heyn und Tschepe haben ihr Projekt „Bahn9“ getauft. Bahn9, so hat der Schwimmmeister im Ludwigsburger Freibad früher den Neckar genannt, der unmittelbar neben dem Sportbecken mit den acht Bahnen fließt. Wenn der Mann in Weiß über die Lautsprecheranlage  abends den Badeschluss verkündet hat, dann hat er oft augenzwinkernd hinzugefügt: „Ihr könnt gerne auf Bahn neun weiter schwimmen.“ Damals haben alle stets abgewinkt. „Aber die Idee war im Kopf“, erzählt Tschepe. Auch weil die Wasserqualität des Flusses mittlerweile deutlich besser ist als damals, wird sie jetzt umgesetzt. Im Jahr 2013 machten die beiden einen 30 Kilometer langen Test im Neckar und ließen auch sonst keine extreme Trainingsmöglichkeit aus. Sie holten sich erfahrene Profis ins Boot, die sich auf die Organisation von Langstreckenschwimmen spezialisiert haben. Und sie gingen zur Abhärtung bei der Ice Swimming German Open in Burghausen an den Start – bei der Tschepe dann auch noch Gold in seiner Altersklasse abräumte. Im Januar dieses Jahres hatte das Wasser des Wöhrsees eine Temperatur von unter 5 Grad Celsius. Auch sonst haben die Schwaben kaum etwas dem Zufall überlassen.

Mehr als 20 Grad Wassertemperatur hat der Neckar auch im Sommer nicht, deshalb werden sich die zwei Abenteurer in Neoprenanzüge zwängen. Zudem gilt es, möglichst nah am Ufer zu schwimmen, um Kollisionen mit Lastkähnen zu vermeiden, auch deren Bugwelle und Sog am Heck bergen noch erhebliche Gefahren.

Nach dem Radauftakt geht es ab Sulz für die beiden schwimmend weiter. Die zehntägige Route verläuft zunächst über Horb, Tübingen, Neckarhausen, Esslingen, Remseck nach Ludwigsburg. Die längste Etappe wird die von Horb nach Tübingen sein, die 45 Kilometer glauben Heyn und Tschepe aber mit der kräftigen Strömung im Rücken an einem Tag bewältigen zu können. Auf dem SVL-Gelände in Ludwigsburg wollen die Extremsportler am 18. Juni „Bergfest“ feiern, ehe es tags darauf über Kirchheim (Neckar), Neckarsulm, Zwingenberg, Hirschhorn und Heidelberg zum Zielort des kräfteraubenden Unterfangens geht. Mannheim soll am 24. Juni erreicht werden.          red / Foto: Martin Tschepe

 

Info: Mehr Informationen über „Bahn9“ sind im Internet unter www.bahn9.de oder auf Facebook unter www.facebook.com/bahn9 zu finden.


Abgestimmt

Präsidenten und Regierungschefs von sieben der größten
Wirtschaftsnationen haben sich in Elmau zum Austausch
beim G7-Gipfel getroffen – mehr als 100 Millionen Euro
hat das gekostet. Machen solche Treffen Sinn?

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Macht das Sinn?

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Heimat auf Zeit

Mehr Komfort im Berberdorf in Esslingen – Bewohner pflegen die Anlage


Für manche ist es eine Zwischenstation, für andere eine Art Heimat – das Berberdorf unter der Pliensaubrücke in Esslingen ist noch immer die einzige Einrichtung dieser Art in Deutschland. Das Aufnahmehaus, das die Evangelische Gesellschaft (eva) betreibt, ist kürzlich erweitert worden. Die Bewohner mögen das und planen weitere Verschönerungen.

Es gibt nach dem Umbau fünf Sanitärcontainer gegenüber einem vor dem Umbau, einer ist ausschließlich Frauen vorbehalten. Die Container bieten Dusche, Waschbecken und eine Toilette sowie im Vorraum Waschmaschine und Trockner. Damit  verfügt jede Wohngruppe, die aus fünf bis sechs Personen besteht, über eine Sanitäreinrichtung.

Zwei neue Wohnhütten sind außerdem aufgestellt, das Gemeinschaftshaus ist in kleinere Einheiten aufgeteilt worden. Neue Versorgungstrassen gibt es für Wasser, Heizung und Strom, eine Biokläranlage löst die Fäkaliengrube ab. Der Behandlungsraum für „Doc Martin“ ist auch neu. Der Esslinger Arzt kommt einmal in der Woche mit seiner mobilen Hausarztpraxis vorbei.

Architekt Wolfgang Schwarz hat außerdem die Wege zwischen den Containern befestigt und mit einer Außenbeleuchtung versehen. Die besseren Ausstattungen führen auch zu einem höheren Identifikationsgrad der Bewohner mit ihrem Dorf. So beschreibt es der Dorf-Sozialarbeiter Horst Kenschner. Die Bewohner fühlten sich verantwortlicher, putzten ihre Sanitärcontainer selbst. In manchen Gärtchen stehen Zwerge,
Blumen sind gepflanzt. „Derzeit besprechen wir, wie wir die Sanitärcontainer im Rahmen eines Kunstprojekts gestalten“, sagt Kenschner.

„Es ist jetzt viel schöner“, sagt Monika Seffert, die seit einem Jahr im Dorf lebt. „Man kann alles besser sauber halten“, sagt auch Harry Neumann, der seit vier Jahren im Dorf lebt. Er sucht seit Langem eine eigene Wohnung. Doch mit Mischlingshund Gero unterzukommen, sei nicht einfach. „Die Idylle trügt“, sagt Kenschner. „Man darf nicht vergessen, dass sich an den massiven Problemen der Bewohner durch den Umbau nichts verändert hat.“ In der Einrichtung leben derzeit 24 Menschen, darunter sechs Frauen und sechs Personen im intensiv betreuten Wohnen. Viele sind suchtkrank und durch das Leben auf der Straße oder im Gefängnis stark geprägt. Im Dorf als Aufnahmehaus sollen sie mit Unterstützung der Betreuer neue Perspektiven entwickeln.

Die Verweildauer im Dorf ist unterschiedlich lang. „Manche ziehen weiter, andere gehen in Therapieeinrichtungen“, erklärt Kenschner. Viele blieben jedoch für lange, weil sie dort eine Heimat gefunden haben, oder aber sie sterben im Dorf.

Die Sanierungen haben 460 000 Euro gekostet, 355 600 Euro sind schon über Spenden und Zuschüsse finanziert. Den Rest muss die eva über Spenden aufbringen.         bob / Foto: bob

 

Info: Das Dorf freut sich über Kleinmöbel wie ein Ledersofa für den Versammlungsraum, aber auch über Ehrenamtliche für Freizeitprojekte. Mehr bei Horst Kenschner unter t 07 11/93 88-142.


„Bildung ist wie Licht“

IG Metall Esslingen fördert Ausbildungsprojekt in Ägypten – Infoabend am 10. Juni


Seit drei Jahren betreibt die IG Metall Esslingen mit Partnern aus der Industrie ein Ausbildungsprojekt für Jugendliche in der ägyptischen Provinz Luxor. In der Kleinstadt Thoth werden derzeit 20 junge Männer zu Elektrikern ausgebildet. Künftig soll es auch eine Klasse für angehende Sanitärfachleute geben. Dazu veranstaltet die IG Metall einen Infoabend am Mittwoch, 10. Juni.

Die heute 16- bis 18-jährigen jungen Männer werden nach ihrem Berufsabschluss gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, denn in Ägypten werden gut ausgebildete Handwerker benötigt. Doch genau daran mangelt es in dem Land sehr oft. Denn die Baunebengewerke und die Handwerksleistungen sind oft nur von mangelhafter Qualität.

Das hat Sieghard Bender, der erste Bevollmächtigte der IG Metall Esslingen, bei einem Besuch in Ägypten festgestellt. Mit dem Projekt wollte er die Ausbildung benötigter Fachkräfte voranbringen sowie Jugendlichen ein Chance durch eine fundierte Berufsausbildung geben. Mehr als Dreiviertel der Arbeitslosen in Ägypten sind junge Leute zwischen 15 und 29 Jahren.

Mit einem Kooperationsvertrag mit dem Gouverneur von Luxor ging die Ausbildungswerkstatt für Elektriker an der Odaisat Industrial  Secondary School in Thoth 2013 an den Start. Unterstützung gab es von zahlreichen Firmen aus dem Kreis Esslingen wie Index oder Metabo, die bei der Ausrüstung der Klassen mit Maschinen und Werkbänken geholfen haben.

Partner sind außerdem die Max-Eyth-Berufsschule in Kirchheim und die Kinderhilfsorganisation Kleine Pyramide in Luxor. Zwischenzeitlich haben Ausbilder aus Thoth die Lehrerfortbildungsakademie in Esslingen besucht und sich über das duale Ausbildungssystem in Deutschland informiert. Die IHK Esslingen hat sich in die Zertifizierung des Berufsabschlusses eingeklinkt.

Finanziert wird die Fachausbildung über Patenschaften für die Azubis. Die Paten zahlen zwei Jahre lang 25 Euro im Monat. Das Interesse der Schüler war von Anfang an groß, so dass immer ein Eignungstest über die Aufnahme ins Ausbildungsprojekt entscheidet.

Nach dem plötzlichen Tod von Sieghard Bender vor zwei Jahren hat der Verein Grussi das Projekt übernommen; die Abkürzung steht für Gewerkschaftliche Gruppe für internationale Solidarität. Die Vereinsvorsitzende ist Gesa von Leesen.

„Das Projekt funktioniert“, stellt Leesen fest. Sie war kürzlich in Thoth. „Es ist einfach großartig, in der Werkstatt zu sehen, wie engagiert die Schüler und Ausbilder sind“, sagt Leesen weiter. Eine andere Ausbildungsklasse, die Malklasse für Mädchen, habe die Klassenräume mit einem neuen dekorativen Anstrich versehen. Auch andere berufsbildende Schulen aus der Umgebung haben in der Zwischenzeit das Projekt besucht.

Die Ausbildung geht jetzt in die Zielgerade. Bis Herbst haben die ersten 20 Elektriker ihre Ausbildung beendet. Im Patenschaftsbeitrag ist auch die Anschaffung eines Werkzeugkastens mit eingerechnet – als erste Ausstattung für einen künftigen selbstständigen Handwerksbetrieb. Von Leesen spricht begeistert über Taie Mohammed, den Ausbilder der Elektrikerklasse. Er habe die Schüler motivieren können. Und nicht nur das: Es sei ihm gelungen, auch die Eltern für die Ausbildung ihrer Kinder zu begeistern, wie Leesen berichtet. Zu den Elternabenden kämen mittlerweile fast alle Väter und Mütter der Schüler. Und sie begreifen, dass ihre Kinder eine Chance fürs Leben bekommen. „Bildung ist wie Licht, und ohne Licht kann man nicht leben“, habe Ausbilder Taie Mohammed einen der Väter zitiert.

Leesen und Grussi wollen ab Herbst eine Ausbildungsklasse zum Sanitärfachmann etablieren. Einige Vorbereitungen sind schon angelaufen. Unter anderem haben die Projektplaner einen Ehrenamtlichen, einen Sanitärfachmann im Ruhestand aus Lichtenwald, für die ersten Schritte gewonnen. Er wird beim nächsten Besuch in Thoth das Materialangebot vor Ort sichten. Denn während der Ausbildung soll nur Ware verwendet werden, die man in Thoth auch kaufen kann. Weitere ehrenamtliche Mitmacher und auch Spenden sind willkommen. Und Leesen will sich künftig um die Einrichtung einer Schneiderklasse für Mädchen kümmern.

In naher Zukunft will die IG Metall auch mit hiesigen Azubis nach Thoth fahren, denn auch den kulturellen Austausch hatte Projektgründer Sieghard Bender als ein Ziel im Visier.      bob / Foto: gvl

 

Info: Am Mittwoch, 10. Juni, 18 Uhr, informiert der Verein im Gewerkschaftshaus in der Julius-Motteler-Straße 12 über das Projekt. Mehr, auch zu den Patenschaften, gibt es unter www.esslingen.igm.de/wir/ausbildungswerkstatt.html


Harte Töne aus Nellingen

Die Alternative-Rockband „Cloey“ startet mit ihrer CD „Alles vergessen, Baby!“ durch – Auch organisatorische Fäden selbst in der Hand


Stuttgart ist das neue Seattle, war unlängst in einer der führenden deutschen Musikgazetten zu lesen. Der Vergleich der einstigen deutschen Hip-Hop-Hochburg mit dem Geburtsort des Grunge mag überraschen, darf jedoch als Metapher für die professionelle Ausrichtung der Musiker und die Vielfalt, die sich vor allem in den Bereichen Indie, Punk und Alternative Rock ausprägt, verstanden werden. Zu den Schwungrädern dieser Entwicklung gehört auch „Cloey“, ein vor zwei Jahren gegründetes Rockkollektiv aus Ostfildern-Nellingen, das Mitte Mai die Veröffentlichung seiner Debüt-CD „Alles vergessen, Baby!“ im Ruiter Zentrum Zinsholz feierte.

Ein erster Hörtest ergibt: Cloey (Gesang), Hendrik (Schlagzeug) und Lars (Gitarre) haben das Zeug dazu, eine feste Größe im „deutschen Seattle“ zu werden. Die satte Produktion verstärkt den Druck der Bratzgitarren, Cloeys Stimme verleiht den deutschen Texten mal Schärfe, mal viel Gefühl. Auch bei mehrmaligem Durchlauf des Albums gibt es Soundschnipsel und kompositorische Finessen zu entdecken, die zur Kantigkeit der Songs beitragen. Möglicherweise sind einige Stücke durch ihre unverkennbare Härte nicht kompatibel für die Dauerschleifen im Radio, auf Platte jedoch entfalten sie Wucht und besitzen bei all dem Ohrwurmqualität. Ein professionell gedrehtes Video zur Vorab-Single „Bass, Bass, Bass“ ist schon seit Monaten auf den entsprechenden Internet-Kanälen zu sehen, in zwei Wochen erscheint ein weiteres zu „Weg von hier“, das in Kooperation mit der Filmfabrik Schwaben aus Stuttgart entstand.

Fast 20 000 Euro hat die Band in ihr Projekt gesteckt und schon daran ist die Intuition der Musiker erkennbar. Die drei, die live durch den Bassisten Thomas verstärkt werden, wollen es wissen. Dazu gehört die Konzentration auf das Hier und Jetzt, der Bandname wird zum Identitätsbegriff, daher verzichten Cloey, Hendrik und Lars darauf, ihre Nachnamen zu nennen. Die gemeinsame Musikhistorie in verschiedenen Formationen bezeichnen sie als Findungsphase, erst vor zwei Jahren habe sich der Wunsch herauskristallisiert, härtere Töne auszuprobieren. „Dieses ‚Voll auf die Fresse‘ hat in unseren Herzen geschlummert“, sagt die Frontfrau. „Und wir haben schnell gemerkt: Das sind wir, das macht uns aus.“

Bislang halten die Musiker auch die organisatorischen Fäden in der Hand. Das Label, um das Album herauszubringen, haben sie selbst gegründet. Management, Booking, Werbung und alle anderen Aufgaben teilen sie untereinander auf. „Jeder, der eine Aufgabe übernimmt, ist auch für sie verantwortlich. Wenn es hart auf hart kommt, muss die- oder derjenige auch die Entscheidung treffen“, erklärt Cloey die Gewaltenteilung. Da komme es auch mal zu Auseinandersetzungen, aber da sich alle in der Sache einig sind, können solche Unstimmigkeiten schnell aus der Welt geschafft werden.

Leben können die Musiker von ihrer Kunst noch nicht, lediglich Hendrik, der eine Musikschule in Nellingen betreibt, kann seine Leidenschaft für den Broterwerb nutzen. Das liegt mitunter auch daran, dass die Modalitäten, um einen Auftritt zu bekommen, nicht sehr künstlerfreundlich sind. Die Vergabe wird von Votings und Facebook-Abstimmungen beherrscht. „Man bewirbt sich für ein Konzert, dann wird eine bestimmte Anzahl an Bands ausgewählt, die ins Voting gehen“, erklärt Cloey das Prozedere. Die Fans bestimmen per Mouse­click, wer auf die Bühne darf. Eine Gage gibt es meistens nicht, das Glück, zu den Auserwählten zu gehören, muss als Lohn genügen. Fair findet die Sängerin das nicht. „Die Musik und die Arbeit, die dahinter steht, wird nicht geschätzt. Wenn du zum Bäcker gehst, erwartest du doch auch nicht, dass dir das Brötchen geschenkt wird.“

Dennoch ist der Terminkalender der Band reich bestückt, inzwischen stehen auch einige Konzerte außerhalb der Grenzen Baden-Württembergs an. Darin sieht die Frontfrau die Bestätigung des eigenen Wirkens. „Das Geilste ist, auf der Bühne zu stehen, deine Songs zu spielen und die Leute applaudieren für die Arbeit, die du geleistet hast“, sagt Cloey.         on / Foto: privat

 

Info: Mehr Informationen zur Band gibt es im Internet unter www.cloey.net. Dort kann auch die CD erworben werden.


Abgestimmt

Nach dem gerade noch verhinderten Abstieg wird Alexander Zorniger
Huub Stevens als Trainer beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart
ablösen. Eine erfolgversprechende Lösung?

Foto: dpa

Erfolgversprechend?

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Vorhang auf

WLB stellt neues Programm vor – Studio am Blarerplatz öffnet nach Umbau


Die Württembergische Landesbühne (WLB) in Esslingen hat viel Neues zu vermelden: Das neue Programm liegt vor, außerdem wird die Bühne am Blarerplatz wieder als Spielstätte genutzt. Und eine neue Verwaltungsdirektorin gibt es auch.

Noch läuft die aktuelle Spielzeit auf vollen Touren, demnächst wird die Freilichtbühne am Kesslerplatz aufgebaut, aber bereits jetzt präsentiert die WLB das Programm für die Spielzeit 2015/16. Es ist geprägt vom Netzwerk des Intendanten Friedrich Schirmer, der Kontakte zu Autoren und Weggefährten ausgräbt, Versprechen einlöst oder lange gehegte Vorhaben umsetzt.

Die großen Kriege des 20. Jahrhunderts sind dabei immer noch präsent, zum Beispiel im Anti-Kriegsstück „Der Preispokal“ von Sean O‘Casey, ebenso wie in Walter Kempowskis „Tadellöser und Wolff“. Um Macht und Gewalt geht es in Kafkas „Prozess“.

Fest verankert im Spielplan sind die regionalen, sprich schwäbischen Themen: Am auffälligsten dabei ist die Freilichtaufführung im nächsten Jahr an der Stadtkirche: Shakespeares Hamlet wird sich dort trüben Gedanken über die Welt hingeben. Aus dem Prinz von Dänemark wird der Prinz von Württemberg und am Hof wird schwäbisch gesprochen. Mit dem „Sheriff von Linsenbach“ des verstorbenen Autors und Regisseurs Oliver Storz spielt die WLB eine schwäbische Komödie, die das Thema Fundamentalismus behandelt. Regionalen Stoff mit Humor verspricht die Live-Hörspielproduktion „Der Frauenarzt von Bischofsbrück“.

Den Auftakt macht als Uraufführung „Der Fliegende Holländer“, bearbeitet von Andreas Marber. Für Schirmer ist es ein „Herzensstück“, dessen Musik er mit „The Best of Ritchie Wagner“ ankündigt. Besonders stolz ist man in Esslingen auf „Obwohl“, das als Koproduktion mit der Rampe Stuttgart am 29. Mai bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen uraufgeführt wird. Im Oktober ist sie in der WLB zu sehen. Insgesamt spielt die WLB neben den weiter laufenden  Produktionen 13 Premieren. Acht Premieren sind es bei der Jungen WLB. Dabei sind Stücke wie „Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes“ über einen Jungen, der Räuber werden will, oder „Zwei Schwestern bekommen Besuch“, wo es um die Frage geht, wie man richtig lebt.

Aber es gibt nicht nur neue Stücke zu vermelden: Im ersten Jahr unter Schirmers Intendanz sahen rund 40 000 Besucher das WLB-Programm, das sind fast zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Ein Umstand, der Heimkehrer Schirmer erfreut, denn sein Vorgänger Manuel Soubeyrand habe schon gute Zahlen gehabt. Ab Juni wird die WLB Baustelle, denn die Klimaanlage wird erneuert. Ab Herbst wird das Studio am Blarerplatz nach einem Umbau wieder bespielt; 80 Plätze hat die kleine Bühne nun. Zur neuen Spielzeit löst die Kultur- und Wirtschaftswissenschaftlerin Vera Antes Ulrich Heinzelmann als Verwaltungsdirektor ab. Keine Veränderungen gibt es derweil im Ensemble.         bob / Foto: bob

 

Info: mehr zum Programm unter www.wlb-esslingen.de, Karten gibt es unter t 07 11/35 12-30 44.


„Was geschah, kann sich wiederholen“

70 Jahre nach Kriegsende hat der Auschwitz-Überlebende David Salz nach wie vor eine Mission


Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht endete vor 70 Jahren der Zweite Weltkrieg. In den Wochen zuvor wurden von den Alliierten die Konzentrationslager der Nazis befreit. David Salz wurde als 13-Jähriger nach Auschwitz deportiert, arbeitete auch in Dora-Mittelbau. Nun hat er Schülern der Nürtinger Albert-Schäffle-Schule sein Leben erzählt. Das ECHO hat sich mit ihm unterhalten.

 

Wie lassen sich die Millionen von Gräuel in den Konzentrationslagern in Worte fassen?

Salz: Ich habe zwei Lager hinter mir. Zunächst Auschwitz, doch im Vergleich zu Dora-Mittelbau Nordhausen war das ein Pappenstiel. Die Bedingungen in Dora-Mittelbau waren weitaus krasser, auch wenn Auschwitz ein Vernichtungslager war und meine Mutter und drei ihrer Geschwister dort vergast und verbrannt wurden. In Dora-Mittelbau wurden die V1 und V2 fabriziert – V steht für Vergeltungswaffe. Der Leiter dieses Projekts war Wernher von Braun, der nach dem Krieg in den USA eine steile Karriere als Raketeningenieur machte und das Projekt zum Mond leitete. Für mich ist von Braun ein Kriegsverbrecher.

 

Wie waren die Bedingungen in Dora-Mittelbau?

Salz: Auschwitz war ein ständiger Überlebenskampf. Mit dem Tätowieren der Lagernummer wurde uns der Name, aber auch jede Würde genommen. Aber dort hat man auf Sauberkeit geachtet und wir konnten auf Pritschen schlafen. In Dora-Mittelbau fand alles im Stollen statt, ein ganzer Flugzeughangar mit Gleisen und vielem mehr war in einem Berg nahe Nordhausen in Thüringen errichtet worden. Bomben konnten den Berg nicht durchdringen. Dort schliefen wir mit etwas Stroh direkt auf dem Steinboden. Die Temperatur lag bei kon­stanten minus acht Grad. Wir konnten uns nicht waschen und keine Kleidung wechseln, für Juden gab es keine Toi­letten. Wir wussten nicht, ob gerade Tag oder Nacht war, wir kannten das Datum nicht, das Tageslicht sahen wir über Monate nicht. Wir arbeiteten jeden Tag, bis zu 16 Stunden. Und der Tod war allgegenwärtig. Viel zu viele blieben auf der Strecke.

 

Wie gelang Ihnen die Flucht?

Salz: Letzten Endes über eine weitere Schikane. Die ganze Schicht wurde in den sogenannten Schonungsblock verlegt – in einen Kasernenblock über Tage, die Böllze-Kaserne. Es war aber der Siechenblock, wir waren dort zum Verhungern verurteilt. Bei einem der vielen Bombardements sprang aber die Tür – wohl durch den Luftdruck – auf, an der gerade ein Arbeitskommando vorbeimarschierte. Jemand sagte: „Hier fehlt einer!“ Worauf ich – ohne zu zögern – aus dem Block raus rannte und mich eingliederte. Später blieb ich zurück, warf mich in einen Schneehaufen und schaffte es, mich abzusetzen. Auf den Wachtürmen standen keine Soldaten. Mit Schnee habe ich mich erst einmal gewaschen und einige Kleiderfetzen gesammelt. Ich warf einige Granatsplitter in den sonst unter Hochspannung stehenden Zaun – die Bomben hatten die elek­trischen Leitungen gekappt. Ich grub mich unter dem Zaun durch und rannte in den Wald. Auf der Flucht gaben mir deutsche Deserteure zu essen und Kleidung. Aber auf einem Bauernhof, auf der Suche nach Essen, wurde ich von Einheimischen verraten. Im letzten Moment machte ich mich durchs Fenster davon und versteckte mich in einer Baumkrone vor den Verfolgern. Des Nachts übernachtete ich auf Friedhöfen, wo ich zwischen Grabsteinen lag. Tage später lief ich völlig entkräftet den Amerikanern in die Arme. Ich wurde gerettet, aber nie befreit. Später zogen die Amerikaner ab und die Russen ein.

 

Nach Ihrer Emigration nach Israel waren Sie knapp 20 Jahre später Zeuge in einem der Auschwitz-Prozesse in Frankfurt. Wie haben Sie den damals erlebt?

Salz: Es war ernüchternd. Der Angeklagte wurde nur zu drei Jahren Haft verurteilt, wegen gesundheitlicher Probleme sogar früher entlassen. Die Narben, die die qualvolle Zeit bei mir hinterlassen haben, werden aber nie heilen. Ich schlafe bis heute keine Nacht durch. Es verfolgt mich, so lange ich einen Gedanken habe. Seit dem Prozess habe ich hohen Blutdruck und ich war bei keiner weiteren Verhandlung.

 

Sie haben bereits Anfang der 60er-Jahre begonnen, vor Jugendlichen von Ihrem Leben und dem Nazi-Terror zu berichten. Warum?

Salz: So lange ich kann, will ich Schüler über den Völkermord an den Juden aufklären. Ich habe dabei nur gute Erfahrungen mit der deutschen Jugend gemacht. Aber: Was gestern geschah, kann sich wiederholen, wenn man nicht gegensteuert. Schauen Sie in den Nahen Osten: Dem Terror der Islamisten schaut die Welt ohne Regung zu. Deshalb sage ich: Never again – nie wieder. Schalom – Friede in der Welt.              ch / Foto: ch

 

Info: David Salz zeichnet derzeit seine Erinnerungen auf, die von einem Co-Autor zu Papier gebracht werden. Noch wird ein Verlag gesucht, der dies als Buch veröffentlicht.


Abgestimmt

Eigentlich waren die Kochshows im Fernsehen bereits totgesagt.
Doch noch immer flimmern fast täglich Brutzelsendungen über
den Bildschirm. Was denken Sie? Gibt es zu viele Kochshows?

Foto: dpa

Zu viele Kochshows?

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