Thomas Amann verlässt nach Reibereien kurzfristig die katholische Kirchengemeinde Baltmannsweiler-Aichwald

Die katholische Kirchengemeinde Baltmannsweiler-Aichwald hat seit wenigen Tagen keinen Pfarrer mehr, seinen letzten Gottesdienst auf dem Schurwald hat Thomas Amann bereits gehalten. Mit der kurzfristigen Ankündigung seines Weggangs hatte er die ganze Gemeinde überrascht. Vorausgegangen sind Meinungsverschiedenheiten mit dem Kirchengemeinderat.
Elf Jahre lang war Pfarrer Thomas Amann in Baltmannsweiler, am Sonntag, 13. Juni, hat er beim Gottesdienst seinen Abschied angekündigt. „Unter Tränen“, so berichten Gottesdienstbesucher, habe er erklärt, dass er keine Möglichkeit sehe, mit dem aktuellen Kirchengemeinderat zusammen eine Gemeinde zu leiten. Diesen Wortlaut möchte der Theologe zwar der Presse gegenüber nicht bestätigen, aber tatsächlich, sagt er, seien er und der Kirchengemeinderat „über Vorstellungen der Pfarreileitung nicht mehr zusammengekommen“. Der Hintergrund sei kompliziert und habe mit Strukturen zu tun, so Amann, der in Kirchenrecht promoviert hat und bis 2017 auch Privatdozent in diesem Fach war.
Aus dem Kirchengemeinderat heißt es, der Pfarrer habe sich schwergetan, die Rolle und die Befugnisse des gewählten Gremiums zu akzeptieren. Er sei kein Freund des „Rottenburger Modells“, das den Laien in den Gemeinden eine weitergehende Partizipation zuspricht als in anderen Diözesen. So besagt die Kirchengemeindeordnung der Diözese Rottenburg-Stuttgart, dass der Pfarrer und der Kirchengemeinderat gemeinsam die Gemeinde leiten. Die Gleichberechtigung sei mit der Neufassung der Satzung 2019 sogar noch stärker betont worden, erklärt Dekan Paul Magino, indem man neue Begrifflichkeiten („gewählter Vorsitzender“ statt „zweiter Vorsitzender“) eingeführt habe. Dass Thomas Amann das Modell kritisch sah, sei bekannt und von ihm auch öffentlich geäußert worden.
In der Kirchengemeinde führten die unterschiedlichen Haltungen offenbar immer wieder zu Reibereien, unter anderem, als bei der Besetzung eines Ausschusses alle gewählten Vertreter anders abstimmten als der Pfarrer. Der sei gekränkt und verletzt gewesen, sagt ein Mitglied des Gremiums, und habe ein Gespräch mit dem gewählten Vorsitzenden Stefan Hertkorn ausgeschlagen. Dieser legte in der Folge sein Amt nieder.
Aufgrund des Konfliktes empfahl Dekan Magino dem Kirchengemeinderat und dem Pfarrer ein Mediationsgespräch mit Dekanatsreferentin Simone Jäger und einem externen Mediator. Termin war der 12. Juni, der ohnehin als „Tag der Räte“ in der Kirchengemeinde eingeplant war. Die Mitglieder des Gremiums seien dann aus allen Wolken gefallen, als Amann erklärte, er werde die Pfarrstelle wechseln und eine Pfarrei im Dekanat Biberach übernehmen, berichtet einer: „Wir sind gekommen im Glauben, dass wir hier einen Kompromiss finden.“ Noch am selben Abend habe die Nachricht dann in der Schwäbischen Zeitung gestanden.
Dass ein Pfarrer nach zehn oder mehr Jahren wechselt, sei durchaus üblich und von den Kirchenoberen sogar gewünscht, sagt Magino. Trotzdem war der Vorgang auch aus seiner Sicht schon ungewöhnlich – im Regelfall habe man mehr Zeit, Dinge in der Gemeinde abzuschließen und zu übergeben. Amann betont, dass er die Pfarrei „in einem sehr guten Zustand“ hinterlasse, manche Gemeinderatsmitglieder sehen eher einen Scherbenhaufen. Zumal sie finden, dass der Theologe mit der Art, wie er seinen Abschied in der Kirche verkündet hat, den Gemeinderat zum Sündenbock macht. Dabei habe man ihn zu keinem Zeitpunkt loshaben wollen, sondern immer einen gemeinsamen Weg zum Ziel gehabt.
Nun wird ein Administrator für die Pfarrei eingesetzt werden, ein anderer bereits im Dekanat tätiger Pfarrer bekommt diese Aufgabe zusätzlich. Parallel dazu wird die Stelle ausgeschrieben; der Termin für Bewerbungen zum Advent ist aber schon vorbei. Es dürfte folglich etwas länger dauern, bis Baltmannsweiler und Aichwald wieder einen katholischen Pfarrer haben. Das zumindest ist nicht ungewöhnlich. aia / Foto: Roberto Bulgrin