Verwaltungsgerichtshof hat den Bebauungsplan „Parksiedlung Nord-Ost“ erneut gekippt – Die Hofkammer baut weiter

Weil der Lärmschutz nur unzureichend berücksichtigt wurde, erklärte der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) den Bebauungsplan „Parksiedlung Nord-Ost“ im Jahr 2017 für ungültig. Das gleiche Malheur passierte der Stadt Ostfildern nun mit der nachgebesserten Variante des Bebauungsplans für das Siedlungsprojekt am Hang zum Neckartal. Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens entzogen die Richter des 8. Senats in Mannheim dem Vorhaben ein zweites Mal die Rechtskraft. Eine Revision ist nicht zugelassen.
Trotz dieses Urteils wird auf dem Gelände, auf dem rund 120 Wohneinheiten entstehen sollen, erst einmal weiter gebaut. Es gebe eine gültige Baugenehmigung, heißt es aus dem Rathaus der Filderkommune. Ob und in welcher Weise man auf das VGH-Urteil reagieren werde, könne man erst entscheiden, wenn die Begründung des Gerichts vorliegt, sagt Baubürgermeisterin Monika Bader.
Ansonsten gibt man sich im Rathaus angesichts der erneuten Niederlage vor Gericht schmallippig. An Spekulationen, welche Folgen das Urteil für das Siedlungsprojekt haben könne, will sich Bader nicht beteiligen: „Wir brauchen Geduld.“ Es handle sich hier um zweierlei Rechtsverfahren. Deswegen dürfe die Hofkammer Projektentwicklung GmbH ihre Bautätigkeit fortsetzen.
Auf Klägerseite ist die Freude über den Prozessausgang groß. „Das ist eine Oberklatsche für die Stadt“, sagt Götz Dittmar, der sich als maßgeblicher Initiator der Anwohnerklagen bezeichnet. Zum zweiten Mal sei die Kommune mit ihrem Vorhaben „grandios gescheitert“. In der gut vier Stunden langen Verhandlung, bei der er selbst zugegen war, habe sich an vielen Punkten herausgestellt, dass auch die nachgebesserte Version des Bebauungsplans „handwerklich unheimlich schlecht gemacht“ sei. Nach Dittmars Einschätzung ist mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, den Bebauungsplan für ungültig zu erklären, „die Grundlage für die Baugenehmigung weggefallen. Die Stadt tut deshalb gut daran, die Baugenehmigung für die Hofkammer zurückzunehmen“. Wie etliche andere Anwohner der Parksiedlung werde er nun bei der Stadt Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen, kündigt Dittmar an.
Ähnlich sieht es Muhamed Kilicaslan, ein weiterer Kläger und Betreiber einer Shishabar, die sich am Rand des geplanten neuen Baugebiets befindet. „Die Stadt hat sich da völlig verplant“, sagt Kilicaslan. Die „Trickserei“, mit der die Stadt beispielsweise bei den Lärmwerten gearbeitet habe, indem es das Baugebiet als Mischgebiet ausgewiesen habe, sei aufgeflogen. Auch was ihm selbst für den gastronomischen Betrieb auferlegt wurde, hält er für nicht akzeptabel. Er sei nicht bereit, 450 000 Euro für die Herstellung von Parkplätzen entlang der Breslauer Straße an die Hofkammer zu bezahlen und zudem die Pflege des Ortseingangs zu übernehmen, wie es von ihm verlangt werde, so Kilicaslan. Ebenso lehne er es ab, die Parkplätze nach Auslaufen des Erbbaurechtsvertrags kostenlos an die Hofkammer zu übergeben. Wie Götz Dittmar betont er, dass er nicht generell gegen eine Bebauung sei. „Aber wir hoffen immer noch auf eine vernünftige Lösung.“
Bei der Hofkammer Projektentwicklung, die Ende vorigen Jahres damit begonnen hatte, das Siedlungsprojekt zu realisieren, sieht man nach dem Mannheimer Urteil keinen Anlass, die Bautätigkeit einzustellen. „Wir bauen ganz normal weiter“, sagt Geschäftsführer Achim Geisbauer und verweist auf seine gültige Baugenehmigung. Eilanträge von Anliegern, die darauf abzielten, einen Baustopp zu erwirken, seien zweitinstanzlich abgelehnt worden, mit der Begründung, dass keine nachbarschützende Rechte verletzt würden.
Welche Konsequenzen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs haben könnte, darüber mag Geisbauer nicht spekulieren. Die Arbeiten auf dem Hanggelände sind schon recht weit gediehen. Die Bohrpfähle, die im Erdreich für die Standfestigkeit der fünf bis zu 17 Meter hohen Wohngebäude sorgen sollen, sind gesetzt. Am hinteren Gebäude seien bereits die ersten Wände geschalt, berichtet Geisbauer.
hf / Foto: Ines Rudel