Der Schulausschuss stellt die Weichen für höhere Betreuungskosten in Esslingen – Trotz Erhöhung bleibt riesiges Defizit

Dass die Ratsmitglieder im stillen Kämmerlein beraten, konnte man für den Esslinger Schulausschuss am Mittwoch vergangener Woche wahrlich nicht sagen. Mit Trillerpfeifen und Mikrofondurchsagen brachten Eltern und Kinder lautstark ihren Ärger über die geplanten Erhöhungen der Betreuungsgebühren zum Ausdruck. Selbst in die öffentliche Sitzung des Ausschusses wurde der Protest getragen. „Kita darf kein Luxus sein, wir sagen zur Erhöhung nein“, skandierten die Eltern. Gebracht hat es am Ende nichts. Bis auf die Linken stimmten alle Fraktionen den Erhöhungen zu. Der Gemeinderat wird nun voraussichtlich am 17. Oktober sein Votum endgültig abgeben.
„Es war eine schwere Abwägung, und wir haben es uns nicht leicht gemacht“, sagte Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar über die geplanten Erhöhungen. Der Kritik, die unter anderem der Gesamtelternbeirat Kita (GEB) im Vorfeld geäußert hat, dass Eltern den Esslinger Haushalt sanieren müssten, trat er mehrfach entschieden entgegen. Allein beim Teilhaushalt Kita liege das Defizit trotz Erhöhungen 2023 bei über 40 Millionen Euro. „Es ist nur ein kleiner Beitrag, um die Situation etwas erträglicher zu machen“, so Bayraktar. Der Leiter des Amts für Bildung, Erziehung und Betreuung, Bernd Berroth, warnte, dass sich das Defizit in den nächsten Jahren durch Tarifabschlüsse, den Rechtsanspruch auf einen Ganztagesplatz im Grundschulbereich und neue Einrichtungen weiter erhöhen wird. Das Land empfehle einen Deckungsbeitrag von 20 Prozent, in Esslingen liege der Anteil der Einnahmen durch Entgelte nur bei rund elf Prozent. Derweil forderte der GEB mehr Transparenz und eine Erklärung dafür, weshalb vergleichbare Städte wie Ludwigsburg deutlich besser dastünden.
Die Vertreter der Verwaltung verteidigten auch die Neugestaltung der Einkommensstufen gegen den Vorwurf, sozial nicht ausgewogen zu sein. Dass die beiden untersten Einkommensstufen wegfallen und es stattdessen mehrere neue Stufen für Besserverdienende gibt, führe zu einer gleichmäßigeren Verteilung. Derzeit seien 43 Prozent aller Eltern in der bislang höchsten Einkommensstufe über 100 000 Euro. Zugleich wird laut Berroth dadurch auch die Schieflage korrigiert, dass wie bisher vor allem bei niedrigen Einkommen der Ganztag oft billiger als ein Angebot mit verlängerten Öffnungszeiten (VÖ) ist, obwohl weniger Betreuungszeiten abgedeckt werden.
Dass Eltern daraufhin zu VÖ wechseln, sei beabsichtigt. Die unteren Einkommensklassen würden auch künftig beim Ganztag nicht durchs Raster fallen. Für Bezieher von Kindergeldzuschlag oder Wohngeld, deren Kreis deutlich ausgeweitet wird, würden die Kosten ohnehin erlassen, so Berroth. Der GEB kritisiert aber, dass innerhalb der Stufen deutlich zugelegt werde. „Diese Erhöhung ist unsozial“, heißt es. Das neue Stufenmodell wurde in einem Arbeitskreis entwickelt, an dem der GEB Kita und die Fraktionen beteiligt waren.
Trotz der Erhöhung scheue Esslingen nicht den Vergleich mit anderen Kommunen in der Region, so Berroth. Alexandra Seiler, beratendes Mitglied des GEB im Ausschuss, erklärte, dass Mütter nun rechnen müssten, ob sie sich Berufstätigkeit leisten könnten.
Ganztag: Eltern müssen ab März 2023 drei Prozent mehr zahlen. Der U-3-Zuschlag erhöht sich von 50 auf 60 Prozent und wird 2025 auf 70 Prozent angehoben. Bei den Einkommensstufen entfällt die bislang höchste (bis 100 000 Euro), stattdessen gibt es vier neue Staffelungen (erste Stufe bis 120 000 Euro. Die bisherigen zwei untersten Stufen fallen weg.
Kindergarten: Die Entgelte steigen um fünf Prozent ab März 2023. Für U3 erhöht sich der Zuschlag auf 60, ab 2025 auf 70 Prozent (bei verlängerten Öffnungszeiten Zuschlag von zehn Prozent).
Grundschulbetreuung: Die Beiträge steigen ab März 2023 um drei Prozent. Für Schüler der Sekundarstufe gibt es einen Zuschlag von fünf Prozent auf das Essensentgelt von 3,90 Euro.
Für alle: 2024 sollen die Entgelte in allen Betreuungsarten nochmals, orientiert an der jeweiligen Landesempfehlung, steigen. pep
pep / Foto: Roberto Bulgrin