Protest gegen Friedwald

Furcht vor Beeinträchtigung am Käppele in Dettingen – Verwaltung und Gemeinderat setzen auf Bürgerinformation

Die letzte Ruhe unter einem Baum im Wald, ohne Friedhof, Grabstein, Kränze oder Blumenschmuck – die Option einer Urnenbestattung in einem Bestattungswald wird immer öfter nachgefragt. Der Bestatter Johan Homburg, der die beiden Friedhöfe in Dettingen betreut, hat der Gemeinde daher im vergangenen Jahr vorgeschlagen, in einem Waldstück auf ihrem Gebiet eine solche Bestattungsform anzubieten. Während die Verwaltung und der Gemeinderat dies zunächst prüfen wollen, haben einige Bürger bereits ihre Ablehnung kundgetan.

Auf den Friedhöfen vieler Kommunen im Landkreis sind neben den traditionellen Erdbestattungen und Urnengräbern eine ganze Reihe an weiteren Bestattungsformen möglich, etwa Baumgräber, Urnenstelen oder anonyme Rasengräber. Einen ausgewiesenen Friedwald gibt es im Landkreis Esslingen allerdings nicht. Die nächstgelegenen finden sich in Wangen bei Göppingen und in Münsingen. Bei einer Bestattung im Wald wird die Asche Verstorbener  in einer biologisch abbaubaren Urne an einem Baum beigesetzt.  Grabpflege gibt es keine, dies übernimmt die Natur. Die Auswahl der Baumart und die Möglichkeit eines Familien-, Partner- oder Freundschaftsbaums  wird vorab gemeinsam mit dem örtlichen Förster festgelegt.

Aufgrund hoher  Nachfrage nach Bestattungen im Wald hat der Bestattungsunternehmer Johan Homburg, der neben den  Friedhöfen in Dettingen auch die in Kirchheim und Neuhausen betreut, der Gemeinde im vergangenen Jahr vorgeschlagen, auch in Dettingen einen Bestattungswald auszuweisen. Die Verwaltung legte diesen Vorschlag dem Gemeinderat vor und bewertete  in der  Beratungsvorlage „die Schaffung einer weiteren alternativen Bestattungsart in Form eines Bestattungswalds für Dettingen als sehr interessant“. Zwei prinzipiell mögliche Standorte im Dettinger Gemeindewald wurden identifiziert, einer davon schied nach Ansicht  der Verwaltung wegen schlechter Erreichbarkeit und  erwartbarer Probleme durch Autoverkehr im Wald aus. Das zweite Waldgebiet liegt nahe des Dettinger Käppele. Dieses beliebte Ausflugsziel ist gut über eine asphaltierte Straße erreichbar, ein Wanderparkplatz steht dort zur Verfügung.

Die Idee eines Bestattungswalds am Käppele stieß jedoch nicht auf ungeteilte Begeisterung. Einige Bürger haben auf einem Schild auf einer Wiese beim Käppele und in Briefen an Gemeinderatsmitglieder  ihren Protest  formuliert. Die   Friedhöfe im Ort seien „für Dettingen ausreichend“. Ein Friedwald würde wegen der hohen Nachfrage und weniger  Angebote überregional genutzt werden. Bei einer projektierten Größe von 19 000 Quadratmetern und  zehn möglichen Urnen pro Baum käme auf Dettingen ein Bestattungswald mit einem Angebot von 1200 Urnengräbern zu.

Anhand von Vergleichszahlen aus Wangen rechnen die Gegner dabei mit  bis zu 18 Bestattungen pro Woche und bis zu 100 Autos pro Bestattung. Dieses zusätzliche Verkehrsaufkommen in der Gemeinde und auf der  Zufahrt würde „das Naherholungsgebiet Käppele drastisch verändern“.

Der Gemeinderat und die Verwaltung wollen  die Idee zunächst weiter verfolgen und mit  Besichtigungsfahrten und Bürgerbeteiligung die Informationen vertiefen und Fakten bewerten. Dieser Prozess ist allerdings wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben.  pst / Foto: Jean-Luc Jacques


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