Dank einer Gemeinschaftsaktion haben Plochingen, Altbach und Deizisau jetzt ihre eigenen qualifizierten Mietspiegel

Wenn es um die Frage geht, was eine Wohnung in Plochingen, Altbach oder Deizisau kosten darf, haben sich die Mieter und Vermieter bislang am Esslinger Mietspiegel orientiert. „Dabei tauchte auch immer wieder die Frage auf, ob wir zu der ortsüblichen Esslinger Vergleichsmiete für Deizisau einen Zu- oder einen Abschlag einkalkulieren sollen“, hat der Deizisauer Bürgermeister Thomas Matrohs noch manche Diskussion im Ohr. Solche Unschärfen haben sich zuletzt auch bemerkbar gemacht, als das Esslinger Amtsgericht die Anwendungen des Esslinger Mietspiegels auf Mietstreitigkeiten in Plochingen, Altbach oder Deizisau nicht mehr anerkannt hatte.
Daran erinnerten Plochingens Bürgermeister Frank Buß und sein Beigeordneter Michael Hanus bei der Vorstellung des jüngsten interkommunalen Gemeinschaftsprojekts. Auf Initiative Plochingens haben sich die drei Kommunen einen eigenen qualifizierten Mietspiegel erstellen lassen. Genauer gesagt sind es drei separate Exemplare für jede einzelne Kommune, sagt Altbachs Bürgermeister Martin Funk. Dass kleine Gemeinden wie Altbach oder Deizisau ein eigenes transparentes Instrument für Mieter und Vermieter vorhalten können, ist ungewöhnlich. Die Zahlenwerke gelten seit 1. Juni zwei Jahre lang und wurden in Zusammenarbeit mit dem EMA-Institut für empirische Marktanalysen erstellt. Die 35 000 Euro Gesamtkosten teilen sich die Kommunen – nach Abzug eines Landeszuschusses von 14 000 Euro.
Zwischen den drei Kommunen unterscheidet sich das Mietpreisniveau nur unwesentlich. Beispiel: Für eine durchschnittliche Wohnung zwischen 60 und 69 Quadratmeter liegt man in Plochingen bei 9,01 Euro, in Altbach bei 9 Euro und in Deizisau bei 9,12 Euro pro Quadratmeter. Die durchschnittliche Nettomiete – unabhängig von Wohnwertmerkmalen – beträgt bei allen drei Kommunen 8,98 Euro. Damit liegt sie über dem Esslinger Mietspiegel, der es auf eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 8,64 Euro pro Quadratmeter bringt. Dieser basiert jedoch auf Daten von 2017 und ist zwei Jahre später – wie üblich – auf Basis der allgemeinen Preissteigerungsrate fortgeschrieben worden. Oliver Trinkaus, EMA-Projektleiter, geht davon aus, dass der Quadratmeterpreis in Esslingen auf über neun Euro klettern wird, wenn 2022 wieder Daten erhoben werden. „Die Mietpreise steigen deutschlandweit. Es gibt nicht genug Wohnungen und einen hohen Leerstand.“
Der Mietspiegel gibt eine Übersicht über die in einer Kommune gezahlten Mieten für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage. Er berücksichtigt nur Bestandsmieten, also Mietverträge, die in den vergangenen sechs Jahren neu vereinbart oder abgeändert worden sind. Wer einen neuen Mietvertrag für eine Neubauwohnung abschließen will, muss mit deutlich höheren Preisen rechnen. Ausgenommen vom Mietspiegel ist auch der preisgebundene Wohnungsbestand. Trinkaus verweist darauf, dass qualifizierte Mietspiegel von Interessensvertretern anerkannt seien. So waren auch in diesem Fall der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Verein Plochingen und Umgebung sowie der Mieterschutzbund Esslingen-Göppingen beteiligt.
In einem ersten Schritt wurden 7100 per Zufall ausgewählte Eigentümer und Mieter in den Kommunen angeschrieben. Von 948 Rückmeldungen erfüllten 578 alle Kriterien. Der Rücklauf von neun Prozent in Plochingen und je fünf in Altbach und Deizisau ist laut Trinkaus gut genug, um rechtsfeste Aussagen möglich zu machen.
Wichtigstes Kriterium für die Miete einer Wohnung ist ihre Größe. Im Mietspiegel sind daher die Basis-Nettomieten je nach Wohnfläche für die jeweilige Kommune aufgelistet. Für Baujahr, Modernisierungen, Ausstattung oder Wohnlage gibt es entsprechende Zu- oder Abschläge. biz / Foto: Ines Rudel
Info: Der Mietspiegel mit Online-Rechner ist auf der Homepage der Stadt Plochingen verfügbar. Printexemplare sind in den Rathäusern erhältlich.