Firma GVG möchte in Altbach und Deizisau ein Glasfasernetz aufbauen – Hürde ist eine Mindestbeteiligung der Haushalte

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Den Gemeinden Altbach und Deizisau flatterte jüngst das Angebot einer norddeutschen Firma zum eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau ins Haus. Der Vorteil: Beiden Kommunen entstehen keine Kosten für das blitzschnelle Internet. „Das ist natürlich sehr positiv“, sagte Altbachs Bürgermeister Martin Funk jüngst im Gemeinderat, als dem Gremium das Konzept der in Kiel ansässigen Firma GVG Glasfaser vorgestellt wurde. Nachdem von der Deutschen Telekom bislang kein Signal in Deizisau angekommen ist, das Glasfasernetz auszubauen, wollen Bürgermeister Thomas Matrohs und der Gemeinderat ebenfalls mit GVG kooperieren. Ziel ist es, bis in drei Jahren 98 Prozent aller Haushalte einen schnellen Internetanschluss anbieten zu können.
Altbach ist wie alle Kommunen in der Region fast ausschließlich durch die Netze der Telekom und durch das Kabelnetz von Vodafone ans Internet angeschlossen. Diese beiden Netze basieren jedoch fast ausschließlich auf dem klassischen Kupferkabel, was sich wohl nicht so schnell ändern wird. Besagte Kupferkabel schränken aber auf den letzten Metern ins Haus die Übertragungsrate spürbar ein – je länger das Kupferkabel bis zum Hausanschluss ist, desto stärker sinkt die Rate. Und die Datenmengen werden immer größer. Die Alternative ist eine Glasfaserleitung bis zum Endverbraucher – dadurch können Daten mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden.
Bislang hat sich in Altbach und in Deizisau kein Telekommunikationsunternehmen mit einer Ausbauplanung für eine flächendeckende Glasfaserinfrastruktur blicken lassen. Bis jetzt. GVG Glasfaser gibt an, dass der Ausbau flächendeckend und für die Kommunen kostenfrei erfolge. Die Erschließung soll in einem Cluster, also gemeinsam in Deizisau und Altbach, erfolgen, sonst lohnt es sich für die GVG nicht. Hierzu müssten die beiden Kommunen einen Kooperationsvertrag schließen.
Voraussetzung für das Angebot ist allerdings, dass bei der Vorvermarktung genügend Haushalte – mindestens 40 Prozent der Bürger und Gewerbetreibenden im gesamten Ausbaugebiet – einen entsprechenden Anschluss bestellen. Die Kosten liegen je nach gewünschter Schnelligkeit des Internets zwischen 30 und 60 Euro im Monat. Das Glasfasernetz der GVG-Marke „teranet“ würde völlig getrennt vom klassischen Telefonnetz aus Kupferleitungen eingerichtet. Während die Straßen zur Verlegung der Kabel aufgegraben werden müssen, sollen für die Hausanschlüsse zwei Schächte ausreichen, zwischen denen die Kabel unterirdisch hindurchgepresst werden.
Alle Haushalte, die sich während der Vermarktungsphase für einen Glasfaseranschluss entscheiden, erhalten laut GVG ihren Hausanschluss kostenfrei – natürlich nur im Fall einer positiven Ausbauentscheidung nach erreichter Vermarktungsquote. Die GVG peilt nach dem Abschluss des Kooperationsvertrag den Vermarktungsstart in der zweiten Jahreshälfte an. Ausgenommen von dem Angebot sind das Gewerbegebiet und die Gewerbetreibenden auf der Neckarinsel, hierfür erhält Altbach eine Förderung von 90 Prozent durch Bund und Land.
Im Norden der Republik gehört das Kieler Unternehmen zu den Topvermarktern, auch in Bayern und in Hessen wurden einige Regionen mit dessen schnellem Netz versorgt. „Hier im Süden wäre Altbach/Deizisau unser Pilotprojekt“, sagte Miguel Gutierrez Prieto von GVG Glasfaser. Für die Versorgung der beiden Kommunen veranschlagt er rund zweieinhalb Jahre– ein halbes Jahr für die Vorvermarktung und zwei Jahre für die Baumaßnahmen. Das gesamte Ausbaugebiet umfasst rund 13 500 Einwohner mit rund 6100 Wohneinheiten.
Auch Infrastrukturmanager Oliver Bauer vom Zweckverband Breitbandversorgung im Landkreis Esslingen steht dem Angebot positiv gegenüber. Angesichts der Tatsache, dass sich das Datenvolumen etwa alle eineinhalb Jahre verdopple, sei der Umstieg auf Glasfaser die einzige Lösung: „Wir haben zwar einen Vertrag mit der Telekom, aber ein Exklusivrecht hat die Telekom nicht.“ In beiden Gemeinderäten fand das GVG-Angebot Anklang. Nun gilt es, einen Vertrag auszuarbeiten und den Gremien zur Beschlussfassung vorzulegen.
kd/kai / Foto: dpa