Luchs Friedl ist im Landkreis Zollernalb unterwegs – Jagdverband ist skeptisch
Vor Kurzem hat sich der aus der Schweiz eingewanderte Luchs B 415 per Peilsender aus dem Landkreis Esslingen gemeldet: Aus Weilheim erreichte eine SMS die Forstliche Versuchsanstalt in Freiburg. Jetzt hat Friedl, so wurde das Männchen genannt, den Landkreis wieder verlassen, ist auf die Alb gezogen und hält sich im Landkreis Zollernalb auf. Ob er dort bleibt, ist mehr als ungewiss, denn Friedl sucht ein Weibchen.
Die scheuen Einzelgänger brauchen ein Revier mit einer Größe von 150 bis etwa 300 Quadratkilometern. Die Lieblingsbeute des nachtaktiven Jägers sind Rehe. Von einem solchen Riss frisst das Tier oft eine ganze Woche lang. So konnte es auch gelingen, den Luchs bei einer Mahlzeit im Schwarzwald einzufangen und mit einem Peilsender in einem Halsband auszustatten. Seither sendet das Halsband Daten über den Aufenthaltsort des etwa schäferhundgroßen Tiers. „Die jüngsten Daten kommen aus dem Zollernalbkreis“ sagt Micha Herdtfelder, der Wildtierexperte bei der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg, der die Luchsdaten betreut. Dennoch müssen diese Daten nicht die aktuelle Position darstellen. Der Sender sammelt sechs GPS-Positionen und schaltet sich einmal am Tag an. Befindet sich das Tier dann aber in einem Funkloch, gibt es eben keine Daten.
In Freiburg ist man froh, dass Friedl den dicht besiedelten Stuttgarter Großraum mit seinem Straßennetz verlassen und die Alb gewählt hat. Seine Streifzüge dienen der Weibchensuche, doch die nächsten Luchsmiezen sind sehr weit weg. Überlegungen, Lynx lynx, so der biologische Name, im Schwarzwald oder auf der Alb anzusiedeln, gibt es laut Herdtfelder derzeit nicht. Dazu brauche es vor allem die Akzeptanz der Jäger.
Beim Landesjagdverband herrscht Freude über einen Luchs im Gebiet, aber Skepsis, was eine gezielte Ansiedlung betrifft. „Das würde Jagdpachten durch dezimierten Rehbestand belasten“, ist Kreisjägermeister Bernd Budde von der Jägervereinigung Kirchheim sicher. Allerdings unterstützt der Verband das Luchsprojekt mit einer Patenschaft, indem er beispielsweise die Besenderung finanziell unterstützt.
Der Regionalsprecher des Ökologischen Jagdverbands, Ingo Hanak aus Großbettlingen, befürwortet die gezielte Wiederansiedlung durchaus: „Der Luchs ist ein heimisches Tier und wir brauchen einen großen Beutegreifer im Wald.“ Er schaut neidisch in den Pfälzer Wald, wo Luchse aus den Karpaten und Skandinavien angesiedelt wurden. Hanak sieht wie auch Budde die Probleme von Tierhaltern, deren Schafe oder Ziegen gelegentlich zur Luchsmahlzeit werden. Verlieren sie ein Tier, werden sie zwar entschädigt – aus einem Fonds, den die beiden Jagdverbände, der BUND, der Nabu und die Luchs-Initiative Baden-Württemberg bestücken. Das Land zahlt nicht, was Hanak kritisiert. Mehr als das verlorene Tier wiegen nach Hanaks Einschätzung mögliche Folgeschäden eines Luchsüberfalls: etwa panische Schafe, die auf die Straße laufen. Ein verbessertes Herdenschutzmanagement könne da womöglich Abhilfe schaffen. bob
Info: Mehr unter www.luchs-bw.de
Foto: Claudia Reinöhl/Wildpark Allensbach
Ingo Hanak mag Recht haben, wenn er bei einem
„Luchsbesuch“ Panik in der betroffenen Schafherde mutmaßt. Aber man müsste recherchieren, welche Folgen bisherige Luchsrisse hatten. Im Augenblick darf man gespannt sein auf Jägerstimmen, die sich zu Rehrissen in ihrem Revier äußern.