Lese nach turbulenten Monaten – Winzer sind zufrieden
Es gab Frost im Frühjahr, Unmengen von Regen, extrem trockene Zeiten, viel Sonne und hohe Temperaturen über einen langen Zeitraum: Das Jahr 2016 hat den Weinbauern mit all seinem handwerklichen Können und fachlichen Wissen gefordert. Offenbar mit Erfolg: Die Lese läuft und die Winzer im Land sind sehr zufrieden.
„Das ist ein normales, gutes Jahr“, zieht Christine Anhut Bilanz. Die Geschäftsführerin der Wengertergenossenschaft Hohenneuffen-Teck schaut auf die Jahre 2014 und 2015 und sieht das aktuelle Jahr in der Mitte. „Wir können uns über eine gute Qualität freuen, und darüber, dass wir mengenmäßig keine Einbußen haben“, sagt Anhut. Sie sieht es durchaus als Vorteil, dass das Jahr 2016 nicht durchgehend so warm war wie das Vorjahr, das die Öchsle-Grade hat in die Höhe schießen lassen. „Gerade dem weißen Wein tut das nicht gut, weil er dann sehr viel Alkohol hat “, sagt die Weinexpertin. 2016 sei ein viel besseres Jahr für den Weißen.
Im Gebiet Hohenneuffen-Teck sind die roten Sorten Regent, Acolon und Dornfelder abgeerntet. Ebenso die weißen Trauben der Sorten Muscaris, Johanniter und Müller-Thurgau. In der nächsten Woche soll es an die Lese von Spätburgunder, Silvaner und Grauburgunder gehen. Auch der Lemberger sei schon pflückreif. Anhut berichtet von einem „Phänomen“ in diesem Jahr: „Es gibt unterschiedliche Reifegrade innerhalb einer Sorte. Manche Trauben sind schon reif, andere brauchen noch ein oder zwei Tage.“ Das mache die Lese komplizierter. Im Weinanbaugebiet im Albvorland reift gerade eine Spezialität heran: Ein 2015er-Lemberger auf Maische-Gärung im Holzfass, der an Weihnachten so richtig munden soll.
Kühle Nächte und milde Tage – für den Winzer ist das derzeitige frühherbstliche Wetter perfekt. Die Trauben, die noch hängen, entwickeln ein kräftiges Aroma, wenn die nächtlichen Temperaturen absinken. Darüber freuen sich Albert Sohn und seine Kollegen von der Esslinger Weingärtnergenossenschaft. Für Sohn, den Vorsitzenden der Esslinger Wengerter, lässt das Jahr 2016 „spannende Weine“ erwarten. „Frost, Regen, Hitze – dieses Jahr kam alles zusammen.“
War 2015 mit den hohen Oechslegraden ein typisches Rotweinjahr, so könne man sowohl vom Roten als auch vom Weißen nun Besonderes erwarten. „Das stellt sich dann im Dezember und Januar heraus“, sagt Sohn. Die Menge nennt Sohn durchschnittlich: „Ausfälle, bedingt durch den enormen Regen im Juni, sind deutlich zu verzeichnen.“ Ende der Woche wollen die Esslinger Merlot, Lemberger und Cabernet Sauvignon lesen. Dornfelder, Acolon, Müller-Thurgau, Portugieser und Muskateller sind schon runter vom Stock. Und die hochwertigen Sorten brauchen den wachen Blick des Wengerter. Dann könne sich die Lese auch ganz kurzfristig entscheiden. bob / Foto: pst