Leber-Transplantierte Sarah Kornau aus Weilheim und Moni Weidt aus Esslingen werben für die Organspende
Kürzlich hat Sarah Kornau aus Weilheim ihren zweiten Geburtstag gefeiert. Fast genau zwei Jahre ist es her, dass ihr ein Lebertransplantat das Leben rettete – sozusagen in letzter Minute. Heute kann die 33-jährige Lehrerin wieder optimistisch in die Zukunft schauen. Eine starke Hilfe auf dem Weg zurück ins Leben war der Sport.
„Ich hätte keinen Tag länger überleben können“, berichtet Sarah Kornau über die zehn Tage Ende 2014, als sie von einem Tag auf den anderen erkrankte. Ihre Leber begann zu versagen, sie erlitt schwerste Vergiftungen, fiel ins Koma und überlebte nur dank einer Leberspende. Die Erinnerungen an die Zeit sind verschwommen: Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, es schaffen zu können, wechselten sich ab. Was ihr aber festen Rückhalt gab, war das Vertrauen der Ärzte in ihre Regenerationsfähigkeit. Als der Chefarzt erfuhr, dass sie aktive Tischtennisspielerin war, kündigte er ein Match gegen sie innerhalb der folgenden zwei Wochen an. Der selbe Arzt ermunterte sie an Wettkämpfen teilzunehmen – gerade auch dann, wenn sie mit Komplikationen zu kämpfen hatte. Im vergangenen Sommer hat sie an den Europameisterschaften der Transplantierten und Dialyse-Patienten in Finnland teilgenommen erfolgreich Medaillen geholt. Drei Mal Gold: im Einzel, Doppel und Mixed in ihrem Sport Tischtennis. Davor hat sie diverse Radevents des Vereins Transdia, der Transplantierte und Dialyse-Patienten betreut, mitgemacht – immer auch mit dem Ziel, für Organspenden zu werben.
„Ich hab mein Lachen wiedergefunden“, hat Moni Weidt im Sommer bei Facebook gepostet. Damals war die 50-Jährige gerade aus Finnland zurückgekehrt: Im Gepäck eine Silbermedaille im Minimarathon über 5000 Meter und Bronze für das Erreichen des Halbfinales im Tennis. Auch Weidt hatte an der Europameisterschaft der Transplantierten und Dialyse-Patienten in Vantaa teilgenommen und gut abgeräumt.
Es war an Weihnachten 2014, im Winterurlaub im Allgäu, als es Moni Weidt nicht gut ging. Die Bauchschmerzen gingen einfach nicht weg, der Arzt, den sie aufsuchte, stellte um ein Tausendfaches erhöhte Leberwerte sowie ein drohendes Nierenversagen fest.
Weidt kam ins Krankenhaus. Wie krank sie wirklich war, stellte sich erst nach und nach heraus. Eine Genmutation führte zu Fehlbildungen an ihrem Blut, das daraufhin die Leber nicht mehr versorgen konnte. Das Organ wurde geschädigt und drohte komplett abzusterben.
Ein halbes Jahr verbrachte Moni Weidt in Krankenhäusern in Garmisch-Patenkirchen, in Esslingen, in Tübingen, Ärzte und Patientin kämpften um die Leber – bis feststand: Um zu leben, würde sie eine neue Leber brauchen.
Auch Moni Weidt erhielt ihr Organ rechtzeitig. Bis heute weiß sie nichts über den Menschen, dessen Leber nun in ihrem Körper arbeitet und ihn entgiftet. Für sie galt es, eine Form der Beziehung zum vermeintlich fremden Organ zu entwickeln. Das Bild einer Adoption war für sie sinnig. Auch wenn sie nichts über den Organspender weiß, eines ist klar für sie: „Da war ein Mensch oder seine Angehörigen wahnsinnig großzügig, so dass ich weiterleben konnte.“
Weidt und Kornau trafen sich als Zimmergenossinnen in der Tübinger Universitätsklinik, wo sie beide operiert wurden.
Der Weg zurück in ein gesundes Leben war für beide beschwerlich. Weidt hatte viel Kraft verloren, wog nur noch 54 Kilo und hatte gar keine Muskelkraft mehr. Da passte es gut, dass ihre Zimmergenossin Kornau eine erfolgreiche Sportlerin war. „Sie hat mich angestachelt“, sagt Moni Weidt. Und sie erzählte ihr von den Meisterschaften der Transplantierten. Es wirkte: „Sport war ja immer meine Leidenschaft“, sagt Weidt. Joggen, Tennis, Fitnessstudio – sie fing ganz klein an: Walking statt Jogging stand auf dem Plan und Tennis in kleinen Dosen, erstmals überhaupt nahm sie Einzelstunden für Vorhand und Rückhand beim Trainer. Und es ging tatsächlich aufwärts. Sport als Medizin.
Weidt hat erkannt, was sie stark gemacht hat: „Es gehört schon eine gewisse Sturheit dazu, sich von so etwas nicht unterkriegen zu lassen.“ Und die Fähigkeit, ein halb gefülltes Glas als halb voll zu sehen.
Das soziale Umfeld hat dabei eine bedeutende Rolle gespielt: „Ohne meine Familie hätte ich das alles nicht geschafft“, sagt die Mutter zweier Kinder und schildert, wie die Schwiegermutter ins Haus der Familie zog, um ihr beizustehen. Die ihr immer half, wo sie Hilfe benötigte und ihr gleichzeitig Platz ließ, sich wieder zu beweisen.
Es war dann wieder Sarah Kornau, die Weidt für die Teilnahme an den Europameisterschaften begeisterte. Der Wettkampf wird ausgerichtet vom Verein Transdia Sport Deutschland, der sich für Transplantierte und für die Organspende in Deutschland engagiert. Vantaa war auch für Weidt ein Erfolg. Sie erkämpfte sich die Silbermedaille auf der bergigen 5000 Meter langen Minimarathon-Strecke im Süden Finnlands mit 31:25 Minuten. Für sie, die regelmäßig beim Esslinger Stadtlauf über zehn Kilometer unter einer Stunde Laufzeit blieb, ein respektables Ergebnis.
Im Tennis kam Weidt, die nie ein Turnier gespielt hat, bis ins Halbfinale, wo eine starke Ungarin ihren „Lauf“ stoppte. Im Mixed wiederum gab es Bronze. Jetzt plant sie im Juni bei den Weltmeisterschaften der Transplantierten und Dialyse-Patienten im spanischen Malaga zu starten – zusammen mit Kornau.
Weidt und Kornau halten solche Veranstaltungen für sehr wichtig. Schließlich geht es darum zu zeigen, was Menschen mit einem solchen Einschnitt im Leben in der Lage sind zu leisten. Es geht aber auch darum, auf den dringenden Bedarf an Organen hinzuweisen. Weidt und Kornau wissen: „Es sterben immer noch so viele Menschen, weil sie nicht oder nicht rechtzeitig ein Spenderorgan erhalten.“ Sie beiden gehören zu denen, die Glück hatten.
„Die meisten Menschen würden gerne spenden, aber sie haben keinen Ausweis, im Fall ihres Todes ist das eine ungeheure Belastung für die Angehörigen, wenn sie von Ärzten auf ein Organ angesprochen werden“, mahnt Kornau dazu, sich als Organspender registrieren zu lassen. bob
Info: www.transdiaev.de
Foto: bob