Die Stadt Esslingen will einen Teil des Geländes des TV Hegensberg weiterhin bebauen – Verein fühlt sich übergangen

Weil Wohnraum in Esslingen knapp ist, sucht die Stadt händeringend nach Möglichkeiten, Wohnungen zu bauen. 2015 rückte das Sportgelände des TV Hegensberg, das der Stadt gehört, in den Fokus. Auf einem Teil des Areals sollen 17 Wohnungen entstehen. Grundsätzlich zeigte sich der Verein damals – auch unter dem Eindruck der dramatischen Flüchtlingskrise – offen, einen gemeinsamen Weg zu suchen. Doch je intensiver sich der Vorstand mit den Plänen beschäftigte, desto mehr wuchsen die Zweifel – zumal der Verein einen stetig wachsenden Bedarf an Bewegungsmöglichkeiten verzeichnet. Dennoch hat der Gemeinderat im Februar 2020 einen Bebauungsplan für das Areal Wilhelm-Nagel- und Breitingerstraße abgesegnet. Doch der wurde 2021 vom Verwaltungsgerichtshof in einem Normenkontrollverfahren gekippt. Nun hat der Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) des Gemeinderats grünes Licht gegeben, das Verfahren neu aufzurollen – wohl wissend, dass der TV Hegensberg zuvor moniert hat, die Zweifel seien nicht ausgeräumt worden und der erhoffte Dialog mit der Stadt sei ausgeblieben.
Kurz nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) gegen den Bebauungsplan hatte der Esslinger Baubürgermeister Hans-Georg Sigel bereits erklärt, er finde es weiter notwendig, „auf der nicht für den Vereinssport erforderlichen Teilfläche Wohnungen zu bauen“. In ihrer Urteilsbegründung hätten die Richter nicht die geplante Wohnbebauung generell in Frage gestellt. Deshalb werde man umgehend ein neues Bebauungsplanverfahren einleiten. Diesen Schritt ist die Stadt nun gegangen. Sigel erklärte nun im ATU, einzelne Festsetzungen im Plan, die die Richter moniert hatten, seien korrigiert worden, auch ein überarbeitetes Schallgutachten hatte die Stadt in Auftrag gegeben. Ansonsten seien sowohl die Fläche als auch das städtebauliche Konzept gleich geblieben. Auch an der Absicht der Stadt, Wohnraum für Menschen zu schaffen, die sich auf dem Wohnungsmarkt nicht oder nur erschwert aus eigener Kraft versorgen können, habe sich nichts geändert. Die Nutzung der Fläche als Vereinssportanlage mit Vereinsheim und -gaststätte soll planungsrechtlich gesichert werden. Die Stadt habe im Sommer mit dem Verein gesprochen – klar sei gewesen, dass dort Wohnbebauung kommen soll. Man sei nach wie vor offen für Gespräche, das Bebauungsplanverfahren müsse nun aber beginnen.
In einem Schreiben an die Ratsfraktionen hatte Hermann Beck, der Vorsitzende des TV Hegensberg, im Vorfeld der ATU-Sitzung betont, dass ihm an einer einvernehmlichen Lösung gelegen sei. Der Bau von Wohnungen sei wichtig, gute Rahmenbedingungen für Sport vor Ort jedoch ebenso. Und da sieht der Verein mit seinen rund 1500 Mitgliedern eine Interessenkollision, die sich weiter verschärfen könnte, wenn sich künftige Anwohner durch den Sport- und Freizeitbetrieb gestört fühlen könnten. Deshalb hatte Beck darum gebeten, bis zur Klärung der strittigen Grundsatzfragen die Entscheidung über den Start des Bebauungsplanverfahrens zu vertagen.
Doch im ATU konnte sich der TVH mit seinem Appell nicht durchsetzen. Andreas Fritz (Grüne) signalisierte Verständnis für den Verein, befand jedoch: „Wir sollten weiterkommen.“ Heidi Bär (SPD) ist es „ein Anliegen, den Bau von 17 Wohnungen auf den Weg zu bringen“. Wichtig sei aber auch ein gutes Miteinander mit dem TV Hegensberg. Eberhard Scharpf (Freie Wähler) sagt, der TVH könne im weiteren Verfahren seine Bedenken formulieren. Das sieht Ulrich Fehrlen (FDP) nicht anders. Karin Pflüger (CDU) sah ebenfalls die Chance, Unstimmigkeiten in den nächsten Verfahrensschritten zu klären. Johanna Renz (Linke) betonte die Bedeutung von zusätzlichem Wohnraum, sah aber auch die unterschiedlichen Interessen künftiger Anwohner und des Sports, die sich nicht unbedingt vereinbaren ließen.
adi / Foto: Roberto Bulgrin