Der Bürgerverein Schapanesen entwirft im Scharnhauser Park ein neues Modell von Gemeinschaft

Als Bewohnerin der ersten Stunde hat Ulrike Weitz die Entwicklung des Scharnhauser Parks in Ostfildern mitgestaltet. Erst 1994 zogen die ersten Familien auf das ehemalige Kasernengelände ein. Dort waren zuvor die Nellingen Barracks der US-amerikanischen Streitkräfte angesiedelt. Als diese 1992 abzogen, war der Weg für die Stadtentwicklung frei. „Ein Stadtteil ohne gewachsene Strukturen“, das fand die Assistentin der Stadtbücherei Ostfildern herausfordernd. Im Jahr 2000 gehörte Ulrike Weitz zu den Gründungsmitgliedern des Bürgervereins Schapanesen.
Heute ist der Scharnhauser Park mit seiner preisgekrönten urbanen Architektur ein attraktives Wohngebiet für Generationen. Das vorbildliche Konzept des Vereins hat nicht nur das Forum Region Stuttgart mit einem Preis bedacht. Auf dem Titel des Jubiläumsbands „50 Jahre Landkreis Esslingen“ sind die Schapanesen beim Spiel auf der Landschaftstreppe abgebildet. Die prominente Platzierung macht sie stolz. Mit mehr als 8000 Einwohnern ist der Scharnhauser Park Ostfilderns zweitgrößter Stadtteil.
Herausfordernd wird es nach Ulrike Weitz’ Worten sein, die Geflüchteten zu integrieren, die demnächst in den Stadtteil ziehen. Im Juni wird eine Containerunterkunft zwischen den Holzwiesen und dem Holzheizkraftwerk aufgebaut, Familien aus der Ukraine sollen dort einziehen. Die Schapanesen wollen helfen, sie zu integrieren.
Mit 150 Mitgliedern – davon sind viele Familien – sprühen die Mitglieder des Vereins auch fast 23 Jahre nach der Gründung vor Kreativität. Mit der Theatergruppe Schapanack fing es an; daraus ist die erfolgreiche Jugendbühne hervorgegangen. Das Angebot reicht vom wöchentlichen Freizeitsport über ein Filmkneiple bis hin zum Flohmarkt, der sich über den gesamten Stadtteil erstreckt. Bei der „Groovetie-Night“, die im Zentrum Zinsholz steigt, tanzen Jung und Alt gemeinsam.
Wie kamen die Schapanesen zu ihrem Namen? „Das Kürzel ‚Schapa’ hat sich in Ostfildern schnell für den jüngsten Stadtteil durchgesetzt“, erinnert sich Ulrike Weitz. Beim Brainstorming fiel der literaturbegeisterten Vereinschefin das Wortspiel ein. „Wir wollten das nicht so bierernst sehen.“ Pekinesen, Schapanesen – obwohl die putzige Hunderasse auf den ersten Blick nichts mit den engagierten Bürgerinnen und Bürgern zu tun hat, fanden alle den Namen hübsch. Inzwischen sind die Schapanesen ein fester Begriff im Stadtleben.
Anders als die ehemaligen Filderdörfer Ruit, Kemnat, Nellingen oder Scharnhausen gab es im Scharnhauser Park keine gewachsenen Strukturen. Deshalb fehlen Sport- oder Musikvereine mit Tradition. Diese Lücke wollen die Schapanesen schließen. In den modernen Geschosswohnungen leben Einwohner aus vielen Kulturen. Beim Einkauf in der Markthalle an der Stadtbahnhaltestelle treffen sich Menschen aus China, Russland oder der Türkei, die in der Region arbeiten. Die gute Anbindung an den Nahverkehr macht den Stadtteil attraktiv.
„Es ging uns darum, mit dem Bürgerverein ein Angebot zu machen, das Sprachbarrieren überbrückt und Begegnung möglich macht“, bringt Ulrike Weitz eines der Ziele auf den Punkt. Da sie und viele ihrer Mitstreiter als junge Eltern in den Stadtteil gezogen sind, spielt die Familienarbeit eine große Rolle auf der Agenda. Gleich in ihrem Gründungsjahr riefen die Schapanesen eine Babysitterkartei ins Leben. Heute sei das Angebot etwas eingeschlafen, bedauert Weitz.
Der Vorteil der offenen Vereinsstrukturen ist es nach Ulrike Weitz’ Worten, „dass wir immer offen sind für neue Ideen“. Bei den regelmäßigen Sitzungen im Nachbarschaftshaus in der Bonhoefferstraße darf jede und jeder Projekte einbringen. Dann schaut das offene Team, wie sie realisiert werden können. Zurzeit beschäftigen sich die Männer und Frauen damit, wie ein sogenannter Fairteiler im Stadtteil etabliert werden kann. „Lebensmittel nicht zu verschwenden, das ist eine Aufgabe der Zukunft“, findet Ulrike Weitz.
Info: https://schapanesen.de
eli / Foto: Ines Rudel