Plochingen, Reichenbach und Ebersbach beantragen für B 10 auch auf ihrer Gemarkung eine Höchstgeschwindigkeit von 80

Ende der 1980er-Jahre wurde das Tempo auf der B 10 zwischen Stuttgart und Esslingen gedrosselt – Anlass war damals der Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt. 20 Jahre später wurde die Geschwindigkeit auch zwischen Esslingen und dem Plochinger Dreieck auf höchstens 80 Kilometer pro Stunde für Autos und 60 für Lastwagen gedeckelt. Wer aber weiter auf der Bundesstraße ins Filstal hineinfährt, kann etwa auf Höhe der Plochinger Hochbrücke wieder auf 100 beschleunigen, hinter der Reichenbacher Querspange bis zur Uhinger Galerie sind sogar 120 erlaubt. In der umgekehrten Fahrtrichtung ist die Beschilderung nahezu identisch.
Das ist der Gemeinde Reichenbach und der Stadt Plochingen schon seit zehn Jahren ein Dorn im Auge. Regelmäßig haben sie im Zuge ihrer Lärmaktionspläne Anträge auf eine Reduzierung auf Tempo 80 in Fahrtrichtung Esslingen gestellt. Bislang vergebens. Die Lärmbelastung gerade an den Hanglagen der Kommunen beeinträchtigt zwar massiv die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger. Entsprechende Klagen bekommen die Rathauschefs Bernhard Richter (Reichenbach) und Frank Buß (Plochingen) auch immer wieder zu hören. „Aber unserer Lärmwerte reißen die gültigen Schwellenwerte nicht“, bedauert Richter. Ähnlich geht es ihrem Ebersbacher Kollegen Eberhard Keller. Zwar gebe es unten im Tal Lärmschutzwände. Da sich der Krach aber nach oben verteile, würde selbst Rosswälden noch unter der Bundesstraße leiden.
Deshalb hat sich das Trio jetzt zu einer Aktionsgemeinschaft zusammengetan, die ein einheitliches Tempo von maximal 80 Kilometern je Stunde auf dem gesamten Streckenabschnitt zwischen Stuttgart und dem Ende der Markung Ebersbach fordert. „Wir sind davon überzeugt, dass das für den Großteil unserer Bevölkerung signifikante Verbesserungen bringen würde“, betont Frank Buß. Es könne nicht angehen, dass die Kommunen immer wieder ihre Lärmaktionspläne aufstellen müssten, aber die angedachten Maßnahmen im Sande verliefen, sobald andere Baulastträger wie der Bund, das Land oder die Bahn betroffen seien.
„Täglich ist zu beobachten, dass bereits auf Höhe Ebersbach auf der B 10 ein erheblicher Rückstau erfolgt, der oftmals dazu führt, dass Fahrzeuge bereits in Ebersbach, spätestens aber in Reichenbach die B 10 verlassen und den Weg durch die Orte wählen“, heißt es in dem Brief der drei Bürgermeister an das Regierungspräsidium Stuttgart. Damit würden auch die kommunalen Straßen mit Lärm und Abgasen belastet. „Mit Tempo 80 auf der Bundesstraße ist der Verkehrsfluss viel besser“, verweist Bernhard Richter auf die guten Erfahrungen mit dem Tempolimit von Plochingen bis Stuttgart. Und der Zeitverlust sei marginal. Zumal sich die Einfahrt auf die B 10 an der Reichenbacher Querspange zu einem Unfallschwerpunkt entwickelt habe. Mit einer Temporeduzierung auf 80 könne man preisgünstig, schnell und wirksam Lärm und Gefahrenpotenzial reduzieren.
Ebersbachs Bürgermeister Eberhard Keller stellt klar, nur für seine Stadt und nicht für den Landkreis Göppingen zu sprechen. Aber Ebersbach liege an der engsten Stelle des Filstals – womit die Hanglagen über die Trichterwirkung vom Lärm beschallt werden.
Dass die drei Kommunen die formalen Schwellenwerte für eine Tempodrosselung nicht erfüllen, kann aus Sicht ihrer Bürgermeister kein Argument sein. Buß: „Der Lärmschutz hat einen höheren Stellenwert bekommen.“ Man müsse sich auch fragen, ob die Schwellenwerte heute noch zeitgemäß seien, ergänzt Richter. Zumal im verdichteten Neckar- und Filstal mit Bahn- und Flugverkehr weitere Lärmquellen hinzukämen – die aber nie gebündelt gewürdigt würden. Die Argumentation, dass man den Menschen so ein Tempolimit nicht zumuten könne, hält das Trio jedenfalls für fehl am Platz: Durch den Lärm seien sehr viele Menschen objektiv belastet. Die subjektive Einschränkung, die einzelne beim Tritt auf die Bremse empfinden mögen, sei dagegen nur marginal.
biz / Foto: Roberto Bulgrin