Flughafen will Kerosinpipeline bauen – Kompromiss gesucht
Mit dem Anschluss an eine Kerosin-Pipeline will der Flugplatz Stuttgart seine Versorgung mit Treibstoff sicherstellen und gleichzeitig den Lkw-Verkehr auf den Straßen reduzieren. Der Zeitplan, wenn nicht sogar das ganze Projekt, ist allerdings gründlich durcheinander gekommen. Denn der Unterensinger Gemeinderat hat die Verlegung der Pipeline auf seiner Gemarkung abgelehnt.
Die anderen betroffenen Gemeinden – Wendlingen, Oberboihingen, Köngen, Denkendorf und zuletzt Neuhausen – haben der Pipeline zugestimmt. Sie sehen mit weniger Verkehr, weniger Lärm und mehr Sicherheit vor allem Vorteile für die Bevölkerung. Derzeit wird das Kerosin für den Flugbetrieb von Tanklastzügen geliefert, größtenteils aus einem Tanklager nahe Heilbronn, das Ende 2017 stillgelegt wird. Ein kleinerer Teil des Treibstoffs kommt über den Plochinger Hafen.
Mit dem Anschluss ans europäische Pipeline-Netz CEPS, dessen Achse Tübingen–Kehl in der Nähe verläuft, will der Flughafen von der Straße weg. Berechnungen zufolge könnte das 650 Tonnen CO2 jährlich einsparen. Neben der aktuell verfolgten Trasse parallel zur A 8 stand eine Variante entlang der B 27 zur Debatte, die allerdings länger und teurer wäre und im Kreis Reutlingen auf Ablehnung gestoßen ist.
Die meisten benötigten Grundstücke gehören Privatleuten. Die Eigentümer werden für die Verlegung der Leitung in 1,2 Metern Tiefe im Erdboden entschädigt. Sie könnten ihre „Stückle“ später wie zuvor nutzen, sagt Flughafen-Pressesprecher Volkmar Krämer; Baumpflanzungen sind im Bereich der Pipeline allerdings nicht möglich. Schon vor den Ferien lagen dem Pressesprecher zufolge „die Zusagen für 60 Prozent der Grundstücke“ vor.
Enteignungen sind dabei rechtlich nicht möglich. Es muss also immer ein Kompromiss gefunden werden, notfalls mit einem etwas abweichenden Verlauf. Das steht jetzt auch in Unterensingen an. Dort hatten die Gegner der aktuellen Trasse die Verlegung unter dem Autobahnkleeblatt angeregt, die aber der Flughafen GmbH zu teuer ist. Die Gemeindeverwaltung war mit dem zuletzt gefundenen Kompromiss, der das Naturschutzgebiet mit den Baggerseen ausspart, zufrieden und empfahl dem Gemeinderat die Zustimmung. Das Gremium lehnte dennoch denkbar knapp mit sieben zu acht Stimmen ab. Dabei ging es verschiedenen Äußerungen zufolge weniger um die Pipeline an sich als um die Gesamtbelastung für die Bevölkerung: Die sei aufgrund anderer Projekte wie der ICE-Trasse und dem Umbau des Verkehrsknotens A 8/B 313 ohnehin zu groß.
Das Raumordnungsverfahren – der erste Schritt auf dem Weg zur Genehmigung – will die Flughafen GmbH trotz der Ablehnung fortsetzen, weil es, so Krämer, schon sehr weit fortgeschritten sei. Allerdings gehe es danach ohne die Zustimmung von Unterensingen nicht weiter. Nach Kompromissen werde gesucht – eine Zeitverzögerung lasse sich aber nicht vermeiden. aia / Foto: aia