Wandern mit Behinderung

Die Gemeinde Aichwald hat im Verbund mit dem Verein Remstal Tourismus einen neuen Rundweg konzipiert

Bei der Eröffnung des neuen Rundwanderweges waren sich die Anwesenden auf dem Wanderparkplatz in den Horben, zwischen Aichschieß und Schanbach gelegen, vor einigen Tagen sicher: Gewandert werde immer – auch im Dezember. Der Schurwald sei zudem ein wichtiges Naherholungsziel für Städter aus dem Raum Stuttgart und Esslingen. Und in Aichwald  ist die Strecke dezidiert auch für Menschen mit Gehbehinderung oder im Rollstuhl geeignet: Die Gemeinde und der Verein Remstal Tourismus haben den Rundweg barrierearm konzipiert.

Die Route verläuft vom Wanderparkplatz in Richtung Krummhardt, zurück durch Schanbach, am Spielplatz Schillerstraße vorbei und wieder zu den „Horben“. Rosafarbene Pfeile leiten auf den richtigen Weg, schließlich hat die Gemeinde bereits 16 andere Strecken ausgeschildert.  Den Anstoß für den 17. Rundweg hat der Verein Remstal Tourismus gegeben – und in Aichwald mit der Idee offene Türen eingerannt, zur Freude von Michael Scharmann, Vorsitzender des Vereins und Oberbürgermeister von Weinstadt. Ziel des Tourismusvereins sei es, das Remstal und  den Schurwald erlebbarer zu machen, erklärt Scharmann. Seit einiger Zeit ist dabei neben dem Thema Nachhaltigkeit auch die Barrierefreiheit  ins Bewusstsein gerückt. So ist die Remstal Touristinformation in Endersbach bereits entsprechend ausgestattet und zertifiziert worden. Nun folgten Wanderwege in Aichwald und in sieben weiteren Kommunen. Das geschieht auch mit Blick auf August 2022, wenn das Remstal Gastgeber des Deutschen Wandertages wird.

In Aichwald haben sich dabei die geografischen Bedingungen als Vorteil erwiesen: Ein Ausflug auf der Schurwaldebene  sei besser für Menschen mit Gehbehinderung geeignet als so mancher Wanderweg in den Remstal-Weinbergen, wo teilweise starke Steigungen überwunden werden müssen, erklärte Werner Bader, der Geschäftsführer des Vereins Remstal Tourismus. Dennoch war die Konzipierung knifflig, wie Aichwalds Bürgermeister Andreas Jarolim und  Verwaltungsmitarbeiterin Andrea Dippon, die für das Projekt verantwortlich zeichnet, berichten. So   musste die Wegeführung an manchen Stellen verändert werden, weil  sich Barrieren erst bei der Begehung vor Ort offenbarten.

Nun entspricht  der „Rundwanderweg für alle“  den Qualitätsstandards des Kennzeichnungssystems „Reisen für alle“. Dieses ist  von Betroffenen- und Tourismusverbänden erarbeitet worden. Die Kennzeichnung soll Menschen mit Handicap bei der Reisevorbereitung helfen. Detaillierte Informationen ermöglichen es, vorab festzustellen, ob ein Angebot den eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen entspricht.

Der Aichwalder Rundwanderweg ist teilweise barrierefrei – und zwar für Menschen mit Gehbehinderung und Rollstuhlfahrer. So weist er nur wenige Steigungen von maximal sieben Prozent auf. Entlang der 4,4 Kilometer langen Tour gibt es viele Sitzgelegenheiten.  Außerdem ist der Weg überwiegend asphaltiert. Das bedeutet, bis auf wenige gepflasterte Abschnitte, dass der Weg „erschütterungsarm begeh- und befahrbar ist“, wie es im Bericht zum Prüfergebnis von „Reisen für alle“ heißt. Einschränkungen in Bezug auf die Barrierefreiheit bestehen allerdings. So gibt es kein öffentliches WC für Menschen mit Behinderung. Außerdem müssen zwei Straßen überquert werden, davon eine ohne Sicherung durch eine Ampelschaltung. Informationen in Brailleschrift oder einfacher Sprache für Menschen mit Sehbehinderung oder kognitiven Beeinträchtigungen sind nicht vorhanden.

  Der Bürgermeister Jarolim betont, dass der Weg  „wunderschöne Aussichten“ aufweist und Einkehrmöglichkeiten bereit hält. Wer Wissensdurst verspürt, kann ihn am Planetenweg, den der „Wanderweg für alle“ streift, löschen.  

Gg/Foto: Roberto Bulgrin


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert