Wer seine Heizung optimal einstellen lässt, kann viel sparen – Problem: Handwerker sind derzeit völlig ausgebucht

Die Situation bei der Gasversorgung ist ernst. Deshalb appellieren Politiker, den Verbrauch zu reduzieren, wo es nur geht. Der Aufruf von Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, war eindringlich. „Lassen Sie Ihre Gasbrennwertkessel und Ihre Heizkörper überprüfen und effizient einstellen“, sagte er in einem Interview, „das muss jetzt passieren und nicht erst im Herbst.“
Doch Hausbesitzern und Wohnungseigentümern, die damit angesichts dramatisch gestiegener Energiepreise und möglicher Engpässe Ernst machen wollen, sind die Hände gebunden. Auf die Schnelle sind Handwerker nämlich gar nicht zu bekommen. Es kann Monate dauern, bis ein Techniker erscheint, um die Heizung zu warten oder zu modernisieren. „Wir sind bis oben hin voll“, sagt Wolfgang Sauer, Seniorchef des Heizungsbauers Kienle-Roki in Berkheim. Um die fünf Anrufe täglich bekommt er derzeit von Kunden, die ihre Heizung auf Vordermann bringen lassen wollen. Aber selbst seine Stammkunden muss der Esslinger Betrieb vertrösten, neue Kunden haben überhaupt keine Chance.
Nicht viel anders sieht die Situation bei der Firma Gugel in Nürtingen aus. „Wir haben auch vorher schon viele Überstunden gemacht. Aber jetzt hat sich die Situation noch weiter zugespitzt“, sagt Tobias Gugel. „Die Auftragsbücher sind im Moment so gut gefüllt wie selten – für den Sommer ist es ein absoluter Höchststand“, fasst Frank Ebisch vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) die Situation in der Branche zusammen. Im Durchschnitt seien die Firmen für 18 Wochen ausgelastet, wie eine Umfrage unter Mitgliedsunternehmen ergeben habe. Bei Tobias Gugel gibt es häufig nur noch Termine, wenn die Heizperiode schon längst begonnen hat. „Aber lieber spät als nie“, findet der Nürtinger.
Es ist nicht nur die gestiegene Nachfrage, die Probleme bereitet. Zu schaffen macht dem Handwerk auch der Fachkräftemangel. Seit fünf Jahren sucht etwa der Esslinger Betrieb Kienle-Roki neue Mitarbeiter – vergeblich. „Ein bis zwei Kundendienstmonteure und zwei Haustechnik-Installateure zusätzlich wären bei uns gut beschäftigt“, sagt Wolfgang Sauer. Aber es gibt sie auf dem Markt nicht. Die Urlaubszeit und Corona verschärfen den Personalmangel. „Es ist Chaos, es kommt einfach alles zusammen“, beschreibt der Seniorchef die Situation. Dazu kommen Lieferengpässe. Wann Material oder Ersatzteile geliefert werden und ob überhaupt jemals etwas ankommt, sei oft nicht absehbar. Extremen Mangel gebe es derzeit beispielsweise bei Wärmepumpen.
Bei den Menschen wächst die Angst, dass die Wohnung im Winter kalt bleiben könnte. Deshalb steigt die Nachfrage nach zusätzlichen Heizmöglichkeiten. Heizlüfter, Radiatoren oder Konvektoren sind im August normalerweise eher Ladenhüter. Jetzt wird gekauft, was noch zu haben ist. „Dass Ventilatoren und Heizgeräte gleichzeitig so gefragt sind, das gab es wirklich noch nie“, sagt Frank Ernst, Inhaber von Profi Ernst, einem Baumarkt in Esslingen.
„Die Kunden kaufen derzeit alles, was wärmt“, sagt Ernst. Dass er mitten im Sommer nachbestellen muss, sei sehr ungewöhnlich. Es gebe zwar noch genügend Geräte, aber nicht immer bekomme der Kunde genau das, was er sucht. Denn einzelne Produkte sind auch beim Hersteller ausverkauft. Unterdessen raten Verbraucherschützer davon ab, die Wohnung mit strombetriebenen Heizlüftern zu heizen. Das lohne sich trotz hoher Gaspreise nicht, warnen sie vor Kostenfallen. Außerdem könne das Stromnetz überlastet werden.
Gefragt sind auch alle Alternativen zu Gas oder Öl. Bei Profi Ernst in Esslingen sind Briketts teilweise sogar ausverkauft. Ob das daran liegt, dass die Kunden bereits horten oder es Lieferengpässe gibt, das kann Frank Ernst derzeit noch nicht sagen. Auch Holz für den Kamin oder Kachelofen als zusätzliche Wärmequelle sei heiß begehrt.
pep / Foto: dpa