Die Daten des Corona-Impfzertifikats und der Ausweisdokumente können voneinander abweichen

Wer mit Nachnamen zum Beispiel Meyer oder Houellebecq heißt, muss wohl damit leben, dass auch mal Meier oder Houllebecq auf dem Paket steht. Dumm nur, wenn die eine Schreibweise streng offiziell im Personalausweis firmiert, die andere im Impfzertifikat und QR-Code hinterlegt ist. Bei misstrauischen Kontrolleuren erwacht dann der Täuschungsverdacht, und der vollständig Geimpfte ist plötzlich der vollkommen Gelackmeierte – und irgendwie nicht mehr er selbst.
Wie kommen solche kleinen Unterschiede mit ihren eventuell großen peinlichen Folgen zustande? Durch Fehler bei der manuellen Eingabe der Daten. Aber auch die automatische Übertragung mittels Krankenkassenkarte birgt ihre vielleicht sogar noch schlimmeren Tücken. Dann nämlich, wenn im Personalausweis zwei oder mehr Vornamen verzeichnet sind, in der Kassenkarte aber wie üblich nur einer, der dann natürlich als einziger ins Impfzertifikat aufgenommen wird. Besonders bei Grenzkontrollen und im Ausland, aber nicht nur dort, könnte dann an der Identität von beispielsweise Hans Müller mit Hans Albert Ernst Müller gezweifelt werden. Gleiches dräut Renate Huber-Hinterstein, die seit ihrer Scheidung nur noch Renate Huber heißt, den Namenswechsel aber nicht ihrer Krankenkasse meldete. Oder Markus Häberle, seit seiner Heirat Markus Pfleiderer. Ferner können fehlende Namenszusätze (etwa das Dr. bei Dr. Luisa Knapp), verkürzte Rufnamen (Manne statt Manfred Lucha) oder unterschiedliche Schreibweisen (Hans-Peter statt Hanspeter) für Irritation sorgen.
Der Esslinger Apotheker Christof Mühlschlegel von der Apotheke am Theater kennt die Probleme gut: „Wir geben aus dem Grund die zu digitalisierenden Daten in der Regel nach den Angaben im Personalausweis von Hand ein.“ Die meisten Arztpraxen und Impfzentren würden hingegen die Krankenkassenkarte verwenden. Doch auch in der löblichen Mühlschlegel’schen Präzision steckt ein Risiko, das der Apotheker ebenfalls gut kennt: Die Identität des Geimpften wird verdoppelt, sein Impfstatus reduziert. Wie das? „Wenn wir die exakten Daten aus dem Personalausweis nehmen und sie in irgendeinem Detail abweichen von älteren Impfeinträgen, wird automatisch ein separater Datensatz angelegt.“ Konkret: Von dem Geimpften wird dann ein zweites Zertifikat hinterlegt, aber mit einer oder mehreren Impfungen weniger. Und damit haben der oder die Betreffende schlechte Karten bei 2G- oder gar 2G-plus-Regeln.
Was tun? „Wir fragen nach“, so Mühlschlegel, „was bei den bisherigen Impfungen eingetragen wurde.“ Und dann geht man entweder den Kompromiss ein, nicht ganz vollständige oder nicht ganz korrekte, aber übereinstimmende Daten zu verwenden. Oder die betroffenen Impfpassinhaber entscheiden sich für den aufwendigeren, aber vom Robert-Koch-Institut (RKI) dringend empfohlenen Weg: sich ein Impfzertifikat mit fehlerfreien und lückenlosen Angaben ausstellen lassen, das alte Zertifikat in der App löschen, das neue einscannen. Ansprechpartner sind die Praxis oder das Impfzentrum, wo das ursprüngliche Zertifikat herstammt, oder eine an der Digitalisierungsaktion teilnehmende Apotheke.
Generell hat das Thema der technischen Handhabung und Problemvermeidung bei digitalen Impfnachweisen durch die 2G-Zugangsregeln offenkundig an Brisanz gewonnen. Presseanfragen werden denn auch vom RKI, dem Herausgeber der CovPass- und der Corona-Warn-App, direkt an das Bundesgesundheitsministerium weitergeleitet. Ein Grund dürfte sein, dass laut Beschluss der EU-Kommission bis zum 1. Februar die Nachweise für Johnson & Johnson-Geimpfte – ein Impfstoff, bei dem eine Dosis für die vollständige Immunisierung ausreicht – und für Genesene geändert werden müssen, wie das Ministerium auf Anfrage mitteilt. Bisher „fehlt“ den Betroffenen scheinbar ein Immunisierungsschritt, wie Mühlschlegel bestätigt: „Da steht dann 2/2 in der App, obwohl sie geboostert sind. Um das zu erkennen, müsste man ganz genau nachsehen. In der Hektik bei Einlasskontrollen macht das niemand.“ Auch kann von einem Genesenennachweis, der älter als 180 Tage ist, nachträglich kein QR-Code mehr erstellt werden.
Beim Bundesgesundheitsministerium gibt man sich problembewusst: Man prüfe derzeit auch im Hinblick auf die EU-Vorgabe, „wie betroffene Personen möglichst schnell und einfach ein Zertifikat erhalten können, welches den neuen Darstellungsanforderungen entspricht“, teilt eine Sprecherin mit. Allerdings weist sie auch darauf hin, dass die Häufigkeit von Impfdurchbrüchen „auf einen mangelhaften primären Impfschutz durch eine einmalige Johnson & Johnson-Impfung“ hinweise. Die Ständige Impfkommission empfehle daher bereits nach vier Wochen eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff.
Immerhin: Richtig gekracht hat es bislang im Raum Esslingen wegen abweichender „Lesarten“ auf Impfzertifikat und Ausweis und daraufhin verweigertem Zugang noch nicht. Zumindest ist nichts dergleichen ans Ohr der Polizei gedrungen, wie diese auf Anfrage mitteilt.
mez / Foto: dpa/Stefan Puchner