Wiege der Kunst und der Musik

Unesco ernennt Höhlen auf der Schwäbischen Alb zum Weltkulturerbe

Die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst in Baden-Württemberg sind in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen worden. Das gab das Unesco-Komitee vor Kurzem in Krakau bekannt. Demnach zeugen die sechs Höhlen der Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb von einer der frühesten figurativen Kunst weltweit und liefern wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung der Kunst. In Krakau dankten Staatsministerin Maria Böhmer und Claus Wolf vom Landesamt für Denkmalpflege dem Unesco-Komitee. Auch in Baden-Württemberg herrschte Freude. „Die einzigartigen Fundstätten auf der Schwäbischen Alb zeigen, dass die Wiege der Kunst und der Musik im Ach- und Lonetal zu finden ist“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretsch­mann (Grüne). „Die Auszeichnung ist eine große Ehre und zugleich Verpflichtung für Baden-Württemberg, dieses kulturelle Erbe der Menschheit zu erhalten und sich weiterhin mit ihm zu beschäftigen.“
Die Höhlen rund um Blaubeuren gelten als eines der wichtigsten Ausgrabungsgebiete für Archäologen. Unter anderem fanden Forscher dort die älteste bekannte Menschenfigur der Welt, die 40 000 Jahre alte „Venus vom Hohle Fels“. Seit den 1860er-Jahren gibt es in den Höhlen Ausgrabungen, sie brachten zahlreiche bis zu 43 000 Jahre alte figürliche Darstellungen zutage, darunter Mammuts, Höhlenlöwen, Pferde und
Musikinstrumente, aber auch Frauenkörper und Darstellungen von Mischwesen aus Mensch und Tier. Die Fundstücke gehören zu den ältesten Zeugnissen für eine bewusste künstlerische Betätigung des frühen Menschen. Die wichtigsten Funde aus dem Bereich der Schwäbischen Alb können in Museen in Ulm, Tübingen und Blaubeuren besichtigt werden.
Die aus Stoßzähnen gefertigten Tier-Miniaturen sowie Flöten aus Vogelknochen sind Zeugnisse einer besonders wichtigen Phase der Menschheitsentwicklung, wie Experten betonen. Darüber waren sich auch die Welterbe-Experten einig: Einwände gegen die deutsche Nominierung gab es keine, stattdessen wurde den deutschen UNESCO-Delegierten überschwänglich gratuliert. Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) betonte, die Welterbestätte sei „einzigartig, faszinierend und von überragender Bedeutung“.
Wer die Höhlen besucht, begibt sich auf eine Tour zurück in eine Zeit, da der anatomisch moderne Mensch, der Homo sapiens sapiens, den Neandertaler abgelöst hatte und sich aufmachte, Kunstwerke, Schmuck sowie Musikinstrumente zu schaffen. Darunter auch der 31 Zentimeter große „Löwenmensch“ – ein Mischwesen zwischen einem aufrecht stehenden Menschen und einem Löwen, der davon zeugt, dass sich bereits Eiszeitmenschen mit mythischen Glaubensvorstellungen beschäftigten. dpa / Foto:dpa

Info: Die sechs Welterbestätten in Baden-Württemberg sind die Klosteranlage Maulbronn (aufgenommen 1993), die Klosterinsel Reichenau im Bodensee (aufgenommen 2000), der Obergermanisch-Raetische Limes (aufgenommen 2005), die Prähistorischen Pfahlbauten am Bodensee und in Oberschwaben (aufgenommen 2011), die beiden Le Corbusier-Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung (aufgenommen 2016) sowie nun die Höhlen mit Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb.


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